Ich habe nun die Klage von Michael Hess gegen mich, siehe https://martinballuch.com/unfassbar-tierexperimentator-michael-hess-von-der-vet-uni-wien-klagt-schon-wieder/, beantwortet:
Der Kläger behauptet, der Beklagte habe festgestellt, dass die vom Kläger durchgeführten Tierversuche mit Menschenversuchen in Konzentrationslagern im Dritten Reich völlig parallel seien. Das ist nicht richtig. Im genannten Zitat wurde vielmehr ganz klar eine Parallele zwischen der Rechtfertigung der Menschenversuche im Dritten Reich von den Tätern und Täterinnen auf der Anklagebank im Nürnberger Prozess, mit der Rechtfertigung der Tierversuche in Österreich vom Beklagten gezogen. Beide, so das Zitat, würden sich darauf berufen, nur Gutes für Artgenossen und Artgenossinnen ihrer Opfer zu wollen, und bei beiden, so das Zitat, sei diese Behauptung gleichermaßen zynisch und unglaubwürdig. Es handelt sich also überhaupt nicht um einen Vergleich zwischen den Versuchen selbst, oder den historischen Situationen, sondern zwischen den jeweiligen Rechtfertigungen für die Versuche durch die Täter und Täterinnen. Und diese sind in der Tat parallel.
Der Kläger behauptet weiters, der Beklagte habe festgestellt, dass der Kläger menschenrechtswidrige, gesetzwidrige, kriminelle und brutale medizinische Versuche an Lebewesen durchführe. Wieder ist dieser Sachverhalt aus dem Zitat nicht zu entnehmen. Dort ist die Rede von schmerzhaften medizinischen Versuchen an Wesen, unter denen diese schwer leiden, und die damit gerechtfertigt würden, dass andere Wesen derselben Art dadurch geschützt werden sollen. Die Tierversuche von Michael Hess sind zweifellos brutal und eine Tierquälerei, doch in dem genannten Zitat wird das überhaupt nicht behauptet.
Die Behauptung des Klägers, dass das Tierversuchsgesetz die Zulässigkeit von Tierversuchen auf wenige, gesetzlich genau geregelte Sachverhalte beschränke, ist lachhaft und falsch. Im Gegenteil, in Österreich gibt es in der Praxis keine Kontrollen von Tierversuchen, die relevant wären. Kein einziger Antrag auf Genehmigung eines Tierversuchs wird abgelehnt, der verzweifelte Versuch der Tierschutzorganisationen, durch einen Kriterienkatalog für das Genehmigungsverfahren jene Tierversuche auszusondern, bei denen der Schaden für die Versuchstiere den Nutzen für die Menschen überwiegt, ist total gescheitert. Aufgrund des Widerstandes der Tierversuchsindustrie, darunter führend des Klägers Michael Hess, wurde der gesetzlich festgelegte Kriterienkatalog zur völligen Unbrauchbarkeit verwässert. Nur deshalb sind Tierversuche, wie jene von Michael Hess an Puten, weiterhin gesetzlich erlaubt und zulässig. In einer Gesellschaft, die Tierschutz Ernst nimmt, und die das Staatsziel Tierschutz in ihrer Bundesverfassung auch wirklich in die Praxis einfließen lassen würde, wären die Tierversuche von Hess längst verboten und würde jemand, der sie dennoch durchführte, ins Gefängnis kommen.
In dem vom Kläger zitierten Wikipedia-Artikel zu Menschenversuchen im Dritten Reich ist davon die Rede, dass z.B. Menschen mit Fleckfieber infiziert wurden, um den Erreger zu isolieren und daraus einen Impfstoff zu entwickeln. Michael Hess infiziert Puten und Hühner mit der Schwarzkopfkrankheit, um den Erreger zu isolieren und daraus einen Impfstoff zu entwickeln. In beiden Fällen leiden die Opfer gleichermaßen, zumal Menschen als Säugetiere und Puten bzw. Hühner als Vögel sehr ähnlich leidensfähig sind. Nicht von ungefähr kategorisiert Hess selbst seine Versuche unter „schweres Leid“.
Der Kläger behauptet, es handle sich bei dem Vergleich um eine Tatsachenbehauptung, die dadurch falsch sei, dass einerseits die Menschenversuche im Dritten Reich kriminell und andererseits die „Objekte der Versuche lebende Menschen und keine Tiere“ gewesen seien. Faktum bleibt, dass diejenigen, die Menschenversuche im Dritten Reich durchführten, das nicht heimlich taten, davon sogar auf Ärztekongressen berichteten und niemals dafür rechtlich belangt wurden, bis das Dritte Reich zuende gegangen war. Andererseits sind Menschen biologisch Tiere. Das ist eine naturwissenschaftliche Tatsache, über die sich sogar Tierexperimentatoren nicht hinweg setzen können, auch wenn sie es gerne wollen. Tiere, wie Puten, haben nachweislich ein Bewusstsein, können bewusst Entscheidungen treffen, wollen weder in Gefangenschaft leben noch mit Krankheitserregern infiziert werden, und leiden, wenn man ihnen Schmerzen zufügt. Sämtliche dieser Charakteristika teilen sie mit Menschen. Und das sind die relevanten Charakteristika, wenn man den Umgang mit Menschen und Puten ethisch bewertet.
Darüber hinaus hat der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen klar festgestellt, dass sowohl konkrete Tierhaltungen, als auch die Tierindustrie generell, mit den Konzentrationslagern des Dritten Reichs verglichen werden dürfen:
In 6 Ob 321/04f ging es um eine Tierschutzorganisation, die den Umgang mit Nutztieren generell mit dem Holokaust an der jüdischen Bevölkerung verglich. Das Gericht befand, dass dieser Vergleich weder tatsachenwidrig noch ein Wertungsexzess ist:
Seite 15: Die relevierte Herabsetzung der Menschenwürde infolge eines Vergleichs jüdischer NS-Opfer mit Schweinen, Kühen und Hühnern geht ohne weitere Begründung davon aus, dass schon die bloße Gegenüberstellung der Lebens- und Sterbeverhältnisse von Menschen und Tieren inhaltlich zur Aussage führt, dass die Juden mit Tieren gleichgestellt (im Sinne Juden sind Tiere) werden, die Werbekampagne also geradezu einen nazistischen Inhalt hätte. Diese Schlussfolgerung ist jedoch unzutreffend […]. Die Aussage geht nur dahin, dass Juden wie Tiere behandelt wurden. […] Zu untersuchen ist die Rechtswidrigkeit des bekämpften Vergleichs. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist dieser nicht schon per se unzulässig und damit rechtswidrig, weil mit einer solchen Ansicht eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung der Rede- und Meinungsfreiheit verbunden wäre. Nach der schon zitierten Judikatur sind auch extreme Meinungsäußerungen, insbesondere auch von Minderheiten und Querdenkern zulässig.
Seite 18: Ein Wertungsexzess, dem der Gedanke des Rechtsmissbrauchs innewohnt, könnte zwar allenfalls dann bejaht werden, wenn das mit der Kampagne verfolgte Ziel von geringer Bedeutung wäre, sodass das Mittel dazu in einem krassen Missverhältnis stünde, oder aber die Vergleichsgrundlagen (die Sachverhalte) so differierten, dass von einem thematisch völlig verfehlten („an den Haaren herbeigezogenen“) Vergleich gesprochen werden könnte. Beides liegt hier nicht vor. Die Heranziehung eines drastischen Vergleichs dient einem grundsätzlich erlaubten Zweck, nämlich in einer von Werbung reizüberfluteten Gesellschaft Aufmerksamkeit für ein Anliegen zu erzielen. Das Tierschutzanliegen selbst ist – wie ausgeführt – gewichtig, gesellschaftspolitisch umstritten und aktuell.
4 OB 99/92 handelt von einem Fall, bei dem Legebatterien von einem Tierschutzverein in einem Inserat mit einem KZ verglichen wurden. Wiederum sah der OGH darin keinen Wertungsexzess, auch wenn die Klage in diesem Fall vorrangig darum ging, ob durch das Inserat die Freilandeiproduktion gefördert worden ist.
Die Kläger betrieben Legebatterien, die vom beklagten Tierschutzverein mit einem Foto eines gerupften Huhns und der Aufschrift „Für Dich im KZ“ kritisiert wurden. Dabei sei „diese Produktionsform für Hühnereier in aggressiver Weise nicht nur pauschal herabgesetzt, sondern auch unrichtige Behauptungen aufgestellt worden“. Der OGH lehnte die Klage auf Unterlassung ab. „Hiezu hat der Beklagte schon in erster Instanz darauf verwiesen, dass es ihm in Erfüllung seiner ideellen und satzungsgemäßen Zwecke eine moralische Verpflichtung gewesen sei, einen Beitrag zur Verhinderung der mit einer Batterielegehennenhaltung verbundenen Tierquälerei zu leisten.“
Bei 6 Ob 93/98i hatte der Beklagte ganz konkret die Schweinefabrik eines Klosters als „Schweine-KZ“ bezeichnet. Der OGH wies die Klage auf Unterlassung und Widerruf ab.
Seite 5: Der Vorwurf des Beklagten, im Betrieb des Klägers befinde sich ein „Schweine-KZ“, ist ein Werturteil, das im Zusammenhang mit dem weiteren Vorwurf, die detailliert beschriebene Massentierhaltung sei eine Tierquälerei, geäußert wurde.
Seite 6: Die notorische „Gewichtigkeit“ des Themas [Tierschutz] kann nicht ohne Einfluss auf die Interessenabwägung bleiben, andernfalls der von der Lehre nicht kritisierten grundsätzlichen Beachtlichkeit der Interessen des Täters und der Allgemeinheit keine Bedeutung mehr zukäme. Der legitime Vereinszweck des Beklagten und das Recht der Öffentlichkeit auf einen Meinungsbildungsprozess in einer wichtigen Frage sind hier für die Interessenabwägung ausschlaggebend. Ein Wertungsexzess liegt nicht vor. Dass eine Massentierhaltung für die betroffenen Tiere äußerst unangenehme Lebensbedingungen schafft, kann nicht bezweifelt werden. Dies darf auch mit massiver Kritik als Tierquälerei oder mit dem Vergleich „Tier-KZ“ plakativ und provokant zum Ausdruck gebracht werden.
Soweit zu den Urteilen des Obersten Gerichtshofs. Im vorliegenden Fall gibt es sowohl einen wahren Tatsachenkern, nämlich dass die Rechtfertigungen der Menschen- und Tierversuche gleichermaßen zynisch und unglaubwürdig sind, als auch keinen Werteexzess, da „auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik, die sich an konkreten Fakten orientiert, zulässig ist“ (Rechtssatznummer RS0054817). Und „bei der gebotenen Interessenabwägung im Konflikt des Rechts auf freie Meinungsäußerung mit dem absolut geschützten Gut der Ehre ist die Gewichtigkeit des Themas für die Allgemeinheit, in dessen Rahmen die ehrverletzende, im Tatsachenkern richtige Äußerung fiel, eines von mehreren Beurteilungskriterien, das den Ausschlag für die Bejahung eines Rechtfertigungsgrundes geben kann“ (Rechtssatznummer RS0110046). Tierschutz und Tierversuche sind zweifellos ein Thema von großer Gewichtigkeit für die Allgemeinheit.
@ Oberlehrer:
1) Die erste genannte Entscheidung stammt von 2006, ist also nur 11 Jahre alt.
2) In den letzten 11 Jahren ist das öffentliche Interesse an Tierschutz eher gestiegen als gesunken. Bei jeder Abwägung müsste also das Tierschutzargument noch mehr Gewicht bekommen.
Deine zitierten OGH Entscheidungen sind mind 13 jahre alt, ich würde mich nicht darauf verlassen, die politische Gesinnung hat sich gewandelt!