Kürzlich half ich mit, 17 Rebhühner aus den Klauen eines Herrn Mensdorff-Pouilly zu befreien. Diese Tiere stammen aus Ungarn, dort wurden sie gezüchtet, um Schießbudenfiguren für eine besonders infantile Form der Jagd abzugeben, ihre einzige Bestimmung. Diese 17 Tiere leben jetzt im Wiener Tierschutzhaus und sind vor dem Zugriff der Jägerschaft sicher. Ich habe mich zu der Befreiung öffentlich bekannt, aber die Staatsanwaltschaft zog es vor, mich nicht zu verfolgen. Die Bevölkerung war in dieser Frage auf meiner Seite.
Das war nicht mein erstes Mal. Es fällt mir persönlich sehr schwer, Tiere in Not zu sehen und nicht einzugreifen, ihnen nicht aktiv zu helfen. Ein Grund, warum die Jagd für mich so ein wesentliches Thema ist, weil ich da die Tiere und ihr Leid direkt miterleben kann. Aber ich war auch in Tierfabriken, und habe dort Tiere herausgeholt, ob Schweine, Hühner oder Puten. Immer habe ich mich dazu bekannt. Im Jahr 2003 machte man mir deshalb den Prozess, wegen dauernder Sachentziehung von 7 schwer verletzten Hühnern im Wert von € 15 aus einer gesetzwidrig überbesetzten Legebatterie. Bei der Berufungsverhandlung am Landesgericht St. Pölten wurde ich damals freigesprochen, und zwar weil meine Tat nicht strafwürdig war. Ich hätte im öffentlichen Interesse gehandelt, so der Richtersenat damals. Die Tierfabriksindustrie lief Sturm gegen dieses Urteil. Später holte ich auch 16 Ratten aus dem Krebsforschungszentrum in Wien und auch da gab es keine strafrechtlichen Konsequenzen.
Doch meine erste Tierbefreiung liegt noch viel länger zurück. Eigentlich war ich nur Augenzeuge und habe nicht eingegriffen, aber ich war in gewissem Sinn Mittäter, ich war Komplize. Damals war ich 4 Jahre alt.
Ich bin in einer sehr tierliebenden Familie aufgewachsen. Eine Oma von mir war 1919 Angestellte im Wiener Tierschutzhaus, ihr erster und danach einziger Job. Bis ans Lebensende blieb sie dem WTV als Mitglied treu. Die andere Oma erzählte mir vom Lebenswillen der Käfer, sie zog Vogelkinder auf, die aus dem Nest gefallen waren, und sie hatte ständig Tiere um sich. Letzteres war mir zwar in meinem Elternhaus während meiner Kindheit nicht vergönnt, doch meine Mutter brachte uns von Anfang an hinaus in die Natur. Meine erste 2-Tages-Bergtour ging auf den Hochobir in Kärnten, im Alter von 4 Jahren. Die Liebe zu den Bergen habe ich seither nicht mehr abgelegt.
Beim selben Kärntenaufenthalt ging ich einmal mit meiner Mutter am Strand des Turnersees im Jauntal in Südkärnten entlang. Im Gegensatz zu heute war dort noch alles wild und sumpfig, kein öffentlicher Badeplatz, keine Menschenmassen. Zwischen den Schilfbuchten sahen wir zwei junge Buben. Sie hatten mit einem Netz Krebse gefangen und in einen Wassereimer getan. Von dort nahmen sie einen in die Hand, lachten ganz begeistert und rissen ihm dann vor unseren Augen eine der beiden Scheren aus. Mehr brauchte es nicht, um meine Mutter in Rage zu bringen. Sie stürzte auf die beiden hin, riss ihnen das Tier aus der Hand und warf es in den See zurück. Dann packte sie den Eimer und befreite die darin gefangenen Krebse, indem sie die Tiere samt Wasser mit einem Schwung weit hinaus in den See goss. Schließlich griff sie nach dem Fanggerät, brach den Stil über ihrem Knie in zwei Teile und zerfetzte das Netz. Die Buben schauten entsetzt zu, getrauten sich aber kein Wort zu sagen. Dann nahm mich meine Mutter bei der Hand und zog mich vom Schauplatz dieser ersten Tierschutzaktion meines Lebens.
Das war nachhaltig beeindruckend. So verhält man sich also, wenn man Tierleid sieht. Man greift ein, ohne Rücksicht auf Verluste. Tiere in Not brauchen unsere Hilfe, da darf man sich nicht mit langwierigen Diskussionen aufhalten, da wird gehandelt. Das war die Lehre, die auch aus diesem Vorfall gezogen habe.
Ich bin meiner Mutter dankbar für dieses Vorbild. Zwar hieß das damals noch lange nicht, vegetarisch oder vegan zu leben. Dafür war noch ein längerer Bewusstwerdungsprozess notwendig für mich, aber der Samen war gepflanzt, jetzt musste er nur noch gegossen werden und wachsen dürfen.
so schön…