22. Dezember 2024

More Than Honey – Buch und Film von Markus Imhoof

Imhoof mag als Sohn einer Imkerfamilie und damit als Bienennutzer dieses Projekt, Buch und Film über Bienen und das Bienensterben zu verfassen, begonnen haben, aber zuletzt steht er auf der Seite der Bienen gegen die Imkerei. Es ist unmöglich, seinen Film zu sehen, ohne mit diesen Tieren mitzufühlen und die Honigproduktion, oder eher den Honigdiebstahl der Menschen zu verurteilen. Fast meint man, dass den Menschen schon Recht geschehe, wenn ihnen jetzt die Bienen wegsterben: Vielleicht zeigt sich in diesem Moment, am Beispiel der Honigbiene, wieder einmal, dass der Mensch sich die Erde nicht ungestraft untertan machen kann; zumal nicht, wenn er seine Macht ohne Maß und Pause ausübt. […] Die Natur kann ohne den Menschen leben, aber der Mensch nicht ohne die Natur.

Bienen sind faszinierende Tiere. In rund 20.000 verschiedenen Arten, aufgeteilt in 9 biologische Familien, bevölkern sie die Erde. Die meisten Bienen leben solitär, nur wenige Arten bilden die Bienenvölker, die uns so charakteristisch für diese Tiere erscheinen. Vor rund 6000 Jahren wurden Bienen domestiziert und zu 25 verschiedenen Rassen der Honigbiene gezüchtet. Doch seit den 1990er Jahren macht sich ein mysteriöses Bienensterben vor allem unter diesen Zuchtbienen der ImkerInnen breit. Die Ursache dafür dürfte komplex sein und aus einem Zusammenspiel von Varroamilbenbefall, Vergiftung durch Pestizide, Verarmung der Landschaft aufgrund zunehmender Industrialisierung und Schwächung der Abwehrkräfte durch falsche Zuchtauswahl sowie durch schlechte Ernährung mit Zuckerwasser statt Honig im Rahmen der Imkerei bestehen. Der wahre Grund hinter allen diesen Bedrohungen ist der Mensch.

Die Varroamilbe

Die Varroamilbe ist ein Parasit, der in Asien schon seit hunderttausenden Jahren mit den dortigen Bienen in einem natürlichen Gleichgewicht lebt. Wenn ein Parasit seine Wirtsart ausrottet, stirbt er selbst und so entwickelt sich evolutionär eine Balance, in der der Befall einen relativ niedrigen Prozentsatz der Wirtstiere nicht überschreitet. In den 1970er Jahren wurde aber aufgrund des internationalen Bienenhandels der Imkerei die Varroamilbe auf die ganze Welt ausgebreitet. Seitdem befällt sie die Brut von Bienen, die nie mit diesem Parasiten in Berührung gekommen ist, und führt zur Flügelverkrüppelung. In der Natur würde ein von Varroa befallener Stock ausschwärmen und die Brut mit den Milben zurücklassen. Doch die ImkerInnen verhindern dieses Verhalten. Zusätzlich wurden die domestizierten Bienen über Jahrtausende auf Zahmheit und Honigmenge gezüchtet. Die natürliche Widerstandskraft der Bienenvölker blieb dabei auf der Strecke. Der australische Bienenforscher Prof. Boris Baer wird von Imhoof zitiert: Unsere Honigbiene haben wir immer weiter von dem entfernt, was eine Biene ist und sein soll. Indem wir ihr Immunsystem kaputtgezüchtet haben, weil es nur noch um Soundso-viel-Kilo-Ernte-pro-Volk ging, ist sie Herausforderungen wie Parasiten, Pestiziden und Klimawandel nicht mehr gewachsen. Und falls sie nicht schon der Varroa erliegt, dann der nächsten oder übernächsten Seuche.

Schweinefabriken statt Bienen

Zu dieser Belastung durch Varroabefall kommt eine weitere hinzu: Vergiftung mit Pestiziden, insbesondere den Neonicotinoiden. Diese Nervengifte führen schon in geringsten Mengen dazu, dass die Signalübertragung im Bienenhirn verhindert wird und die Tiere ihre Orientierung verlieren. Die Arbeitsbienen finden nicht mehr zum Stock zurück und sterben. In den USA sind dadurch bereits 1/3 aller Bienenvölker ausgestorben, in der Schweiz sogar 70%.

Neonicotinoide werden vor allem gegen einen Käfer, den Maisbohrer, eingesetzt, der die großen Kukuruzplantagen befällt. Dem könnte leicht ohne Chemie Einhalt geboten werden, indem man jedes Jahr eine andere Frucht anpflanzt. Doch die Schweineindustrie ist auf den massiven Maisanbau zur Fütterung der Tiere angewiesen. Nur wegen den Schweinefabriken werden also Neonicotinoide in großer Menge in Österreich ausgebracht und töten die Bienen. Deshalb hat sich ÖVP-Landwirtschaftsminister Berlakovich, der nur auf seine Einflüsterer aus der Tierindustrie zu hören scheint, gegen ein Verbot dieses Nervengifts ausgesprochen und es sogar auf EU-Ebene zu verhindern versucht. Doch letztlich konnte der Aufschrei in der Bevölkerung den Agrarindustrie-Minister zur Vernunft bringen und so werden jetzt wenigstens in den nächsten Jahren einige dieser Nicotinoide nicht mehr auf die Felder verstreut werden dürfen. Die Schweineindustrie mit ihrem Sprecher Gerhard Wlodkowski, seines Zeichens Landwirtschaftskammerpräsident, hat bereits angekündigt, dass dadurch 1000e Schweinefabriken zusperren werden müssen und verschweigt dabei, dass das Schweinebauernsterben insbesondere durch die ständige Zentralisierung und Industrialisierung und Vergrößerung der Betriebe ausgelöst wird.

Doch Schuld hat auch die Imkerei

Die Wissenschaft hat aber noch einen weiteren wesentlichen Grund für das Sterben der Honigbienen identifiziert: den Honigdiebstahl. Bei domestizierten Bienenvölkern der ImkerInnen wird den Tieren ja der Honig genommen und durch nährstoffarmes Zuckerwasser ersetzt. Für die Bienen ist ihr Honig aber das natürliche Nahrungsmittel, ihr größter Schutz gegen Schwäche und Krankheit. Durch den Bienendiebstahl verlieren die Bienenvölker also noch mehr an Widerstandskraft gegen Krankheiten, Umweltgifte und Parasitenbefall. Die Imkerei selbst richtet die Bienen zugrunde.

Ein Ende des Bienensterbens wäre also einfach zu bewerkstelligen: bioveganer Landbau ohne Pestizide statt Tierindustrie, und ein Verzicht auf Honig, der nur auf der Ausbeutung der Bienenvölker basiert.

4 Gedanken zu “More Than Honey – Buch und Film von Markus Imhoof

  1. – Etliche Bienen sterben täglich, da der Imker als Feind in ihr Revier tritt
    – Königinnen werden meist nach zwei Jahren getötet, da ihre Legeleistung nachlässt und sie zu wenig Nachkommen produzieren
    – Schwärmenden Königinnen werden die Flügel verstümmelt, damit diese den Stock nicht mehr verlassen können
    – Unproduktive Völker werden mit Schwefel vernichtet
    – Honig ist der Nahrungsvorrat der Bienen, der ideal auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist

  2. die milben (weibchen) sitzen auch auf der biene, das ausschwärmen wäre sinnlos, und viele hobby imker verhindern das schwärmen auch nicht, weil sie gar keine zeit dafür haben, oder eh die natürlichen schwärme brauchen um im winter verlorene stöcke zu ersetzen

    das schwärmen wird von profis verhindert, dadurch dass man immer nur eine königin zulässt, hat mit der milbe nichts zu tun, sondern nur mit der wirtschaftlichkeit

    und wenn man aufhört diese gezüchteten bienenvölker zu betreuen, überlebt keines den nächsten winter

  3. Es wäre schön im Netz mal eine gute Argumentation pro/contra Honigkonsum zu erstellen – natürlich von jemand der/die sich auch auskennt – im Netz gibt es leider von veganer Seite her ziemlich viel Geschwafel und unbelegte Argumentation. Bei der Suche bin ich gerade auch auf folgende Seite gestossen, die anscheinend von einer gewissenhaften Imkerin stammt, die versucht (oder der Meinung ist) mit Bienen symbiotisch zusammen zu leben – Sie widerspricht auch deinem Punkt mit dem Verlust der Widerstandskraft durch Honigklau weil sie andererseits ja auch Schutz bieten, den Bienen sonst nicht hätten. Wie auch immer – ein sehr interessantes Thema – auch weil ich in letzter Zeit mehrere “Veganer_innen” kennengelernt habe, die Honig konsumieren – und ohne Argumente ist da schwer diskutieren.

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