Bis 2005 gab es weder TierschutzsprecherInnen der Parteien im Parlament, noch Tierschutz als Bundesressort in einem Ministerium. Im Rahmen des Verfassungsbeschlusses zum Bundestierschutzgesetz im Mai 2004 wurde der Tierschutz dem Gesundheitsministerium zugewiesen. Das Kalkül war klar: Der Tierschutz steht im Gegensatz zu den Interessen der Agrarindustrie des Landwirtschaftsministeriums. Seit langem schon wird Letzteres nämlich von einem ÖVP-Bauernbund Tierindustrie-Lobbyisten gelenkt, wie zuletzt von Nikolaus Berlakovich.
In den ersten 3 Jahren nach Einführung des Tierschutzressorts in die Bundesagenden waren dennoch eine ÖVP-Jägerin (Maria Rauch-Kallat, Ehefrau von Waffenlobbyisten und Betreiber von großen Fasanerien, Enterien und Gatterjadgen, Alfons-Mensdorff Pouilly) und eine ÖVP-Schweinsbratenbuchautorin (Andrea Kdolsky) Tierschutzministerinnen. Nach den Wahlen 2008 kam das Tierschutzressort in die Hand der SPÖ. Der Konflikt um das Verbot der Kastenstandhaltung von Mutterschweinen wurde daher auch zu einem Tauziehen zwischen SPÖ und ÖVP. Und diese Situation erscheint offenbar dem ÖVP-Bauernbund als unbefriedigend, insbesondere konnte er nicht seinen Wunsch nach Erhöhung der Besatzdichten von Mastgeflügel durchsetzen. Also soll jetzt nach Ansicht des ÖVP-Bauernbundes das Tierschutzressort ins Landwirtschaftsministerium wandern, siehe https://vgt.at/presse/news/2013/news20131025y.php.
Unter der Überschrift „Zeit für klare Worte bei den Koalitionsgesprächen“ appelliert der Bauernbund an die ÖVP-Delegation: Konkret forderte der Landesbauernrat, dass das bisherige Agrar- und Lebensministerium um die Agenden Erneuerbare Energie, Regionalpolitik, Konsumentenschutz und Veterinäres ergänzt und aufgewertet werden soll. Hinter diesen scheinbar harmlosen Worten steht: Tierschutz soll in die Klauen des Bauernbundes und damit der Tierindustrie ausgeliefert werden. Tierschutz ist nämlich Teil des Veterinärressorts. Genug mit diesen Tierschutzforderungen, so die Botschaft, jetzt wird der Bauernbund das in die Hand nehmen und den Tierschutz abdrehen!
Im Kurier vom 18. Oktober 2013 Seite 7 meldete sich bereits Bauernbundpräsident Jakob Auer zu Wort und monierte, dass der Umweltschutz, nach dem Skandal um die Verweigerung des Landwirtschaftsministers, das Bienensterben durch ein Pestizidverbot zu verhindern, aus diesem Ministerium ausgelagert werden soll. Natürlich will auch hier der Bauernbund, der traditionell den Landwirtschaftsminister stellt, jede Umweltschutzauflage, die die Agrarindustrie behindern könnte, im Vorfeld schon abfangen. Sowohl aus dem Gesundheitsministerium als auch aus der SPÖ hört man, dass die ÖVP tatsächlich den Tierschutz dem Bauernbund übergeben will. Und manche dort freuts, ist man dann vielleicht die „Scherereien“ mit den TierschützerInnen los!
Auch in Deutschland geht es in den Koalitionsgesprächen darum, der Agrarlobby den Einfluss auf vitale Interessen der Allgemeinheit zu nehmen: Die SPD will in den Koalitionsverhandlungen mit der Union die Zuständigkeit für den Verbraucherschutz neu ordnen. Statt wie bisher das Landwirtschaftsministerium solle künftig das Justizministerium oder das Arbeits- und Sozialministerium zuständig sein, berichtete die „Saarbrücker Zeitung“ am Dienstag unter Berufung auf ein „internes Arbeitspapier“. „Die Verbraucherinteressen sind im Agrarressort schlecht aufgehoben“, sagte die SPD-Unterhändlerin Elvira Drobinski-Weiß der Zeitung. Insbesondere beim Thema Ernährung sei dies der Fall, da das Ministerium auch für die Lebensmittelwirtschaft zuständig sei. Die Stärkung der Verbraucherbelange in diesem Bereich sei stets am erbitterten Widerstand der Industrie gescheitert.
Ich habe mich deshalb in einem Email an den Bundeskanzler gewandt und bitte hiermit auch alle anderen besorgten MitbürgerInnen, dasselbe zu tun (Emailadresse: werner.faymann@bka.gv.at):
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
ich bin Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken und seit einigen Jahrzehnten in Österreich für Tierschutz aktiv. Unser wichtigstes Anliegen ist es dabei, den Schutz für die Nutztiere zu verbessern. In Zusammenarbeit mit Minister Alois Stöger ist da in der letzten Legislaturperiode mit dem Kastenstandverbot in der Mutterschweinhaltung ein guter Fortschritt gelungen.
Für die nächste Legislaturperiode könnten solche Fortschritte aber grundsätzlich gefährdet sein. Der Zeitung des nö Bauernbundes entnehme ich den scharf formulierten Aufruf, dass die ÖVP in den Koalitionsverhandlungen dafür sorgen solle, dass der Tierschutz aus dem Gesundheitsministerium (Veterinärwesen) ins Landwirtschaftsministerium wechselt. Kein Wunder, dass sich der Bauernbund das wünscht, wird das Landwirtschaftsministerium ja praktisch sicher von der ÖVP besetzt werden und, wie immer, eine reine Lobbypolitik der Agrar- und Tierindustrie betreiben. Würde dieser Schachzug aber gelingen, dann wäre der Tierschutz in der nächsten Legisaturperiode auf Eis gelegt.
Ich möchte Sie daher gerne im Namen unserer 22.000 Mitglieder und im Namen der über 400.000 Menschen in Österreich, die in Tierschutzvereinen organisiert sind, fragen, ob diese Bedrohung realistisch ist. Wird ernsthaft diskutiert, die bisher so sinnvolle Trennung von Tierschutz und Landwirtschaft – im Tierschutzgesetz wird dem Landwirtschaftsministerium explizit ein Veto gegenüber Tierschutzverordnungen eingeräumt, also davon ausgegangen, dass Tierschutz nicht vom Landwirtschaftsministerium umfasst ist – aufzuheben? Ich würde mich freuen, wenn Sie mir darüber Auskunft geben könnten.
Sollte tatsächlich der Wechsel der Tierschutz-Agenda ins Landwirtschaftsministerium diskutiert werden, so möchte ich Sie im Namen aller tierschutzbewegten Personen Österreichs bitten, das um jeden Preis zu verhindern. Tierschutz unter ÖVP-Regie wäre das Ende jeder Weiterentwicklung!
Hochachtungsvoll,
DDr. Martin Balluch
Obmann des VGT
“ÖVP-Schweinsbratenbuchautorin ”
das Wort hat das Zeug zum Wort des Jahres 2013 zu werden – zumindest in der Veg*Szene 😉
So gesehen sollte man anregen Herrn Leitl zum Sozialminister zu machen. Van der Bellen wäre ein guter Gesundheitsminister, denn er kennt sich mit Rauchen aus, Ernt Strasser würde sich als Justizminister sehr gut machen, und Grasser sollte man wieder die Steuern üebrlassen, denn der kennt sich perfekt aus. Für Frauenangelegenheiten würde ich einen Newcomer vorschlagen. Vielleicht Dipl.-Ing. Maximilian Urban vom Verein Väter ohne Rechte. Den Strache nehmen wir fürs Innenministerium, Wirtschaftsminister wird Dr. Mirko Messner und Bundeskanzlerin die Frau Maria Vassilakou. Na, wäre das eine Regierung? 😉
…wie geht das Sprichwort mit dem Bock und dem Gärtner? 😉
Arme Tiere. Was für eine Nachricht… bin perplex… ich möchte nicht glauben, dass die Regierung, die sich wandeln und erneuern möchte bzw. muss, so etwas zulässt, es wäre nur Rückschritt, Schwäche signalisieren.
Diese Regierung hat aber das Gegenteil angesagt: Mut, Fortschritt und Stärke! Hoffentlich! Ich wünsche es jedem einzelnen unserer Leader, damit sich für alle wirklich etwas zum Guten bewegt!