In zweifacher Hinsicht wird mir übel, wenn ich diese Fotos, die man dem VGT zugespielt hat, durchsehen muss. Erstens, weil hier wieder jemand schamlos die Öffentlichkeit hinters Licht führt und so tut, als wäre in der Schweinehaltung in Österreich eh alles in Ordnung. Wir kennen das ja von unserer Landwirtschaftsministerin, wie vorbildlich Österreich nicht sei blabla, die Schweine lieben eh den Betonspaltenboden. So sind sie halt. Und zweitens wird mir beim Anblick dieser Fotos übel, wenn man das Leid der Schweine so direkt sieht. Ich werde mich nie daran gewöhnen. Diese fröhlichen Tiere am Lebenshof Rinderwahnsinn, und dann diese armseligen Gestalten in diesen furchtbaren Dreckslöchern, verletzt, verzweifelt, vergessen.
Die Firma Berger-Schinken mit einem Schweineschlachthof in Sieghartskirchen in Niederösterreich ist groß. Sie hat 4 Filialen und 3 Märkte, laut ihrer eigenen Webseite www.berger-schinken.at. Und sie darf seit einigen Jahren eine Ehrung der Republik Österreich tragen. Im letzten Jahr, so liest man, wurde ein Rekordumsatz von € 150 Millionen gemacht. Na, bei so viel Gewinn wird doch einiges in das Wohl der Schweine, die von den Partnerbetrieben an den Schlachthof geliefert werden, abfallen! Immerhin sind es diese Schweine, die solchen Reichtum ermöglichen.
Klickt man auf der Webseite auf den Reiter “Nachhaltigkeit”, sieht das Ganze so aus:
Regional-optimal, vom “Bauern nebenan”. Na Wahnsinn! Dann wird sogar einer der Betriebe genauer gezeigt:
Ja, warum in die Ferne schweifen, wenn man die Tierfabrik gleich nebenan hat. Oder ist es eine? Nähert man sich dem Betrieb, sieht man bald ca. 200 Schweine sich im Stroh wälzen, in einem offenen Bereich mit viel Luft und Sonne:
Bestens, was will man mehr? Doch dann – nur für die, die genauer schauen – sieht man noch 2 große Fabrikshallen im Hintergrund. Sind die für die Traktoren? Oder was wird dort produziert?
Ja, was? Genau! Dort wird das Schweinefleisch produziert. Dort, abseits der Augen der Öffentlichkeit, unsichtbar und unscheinbar hinter Fabrikstoren, dort sind die restlichen der ca. 2500 Schweine dieses Betriebs untergebracht, die das Gros der Schweinefleischproduktion von dort ausmachen. Genau da entsteht der Reichtum der Firma Berger-Schinken. Am Rücken armseliger Wesen.
Der erste Blick schon in diese Schweinefabrik reicht einem für den Rest des Lebens (siehe Beitragsbild und hier):
Grauenhafte Enge, grauenhafter Vollspaltenboden, grauenhafte Verletzungen, grauenhafte Reizarmut. Was sollen diese Tiere den ganzen Tag tun? Außer sich gegenseitig vor Verzweiflung zu verletzen? Was, bitte schön, ist das für ein Leben? Wie können wir ihnen das zumuten?
Und was sagt die Firma Berger-Schinken dazu? Von ihrer Webseite habe ich diesen Screenshot:
Da sind sie wieder, die Schweine im Stroh! Und Verantwortung übernimmt die Firma Berger-Schinken auch gleich. Sie haben sogar eine “Tierwohlinitiative” und eine “tierfreundlich gestaltete Umgebung” für die lustigen Schweinderln, und sie garantieren die “Einhaltung tierethischer Grundregeln”. Was, bitte schön, für eine Tierethik ist das? Das Recht des Stärkeren? Das Prinzip des menschlichen Primats über alles Tierliche? Das “wir nehmen uns, was wir kriegen können”? Das “Tiere sind Sachen”, Produktionsmittel, die man ans biologische Limit pressen kann, um maximalen Profit heraus zu holen? Wie schläft sichs eigentlich in der Firmenchef-Villa, während die armseligen Schweine, denen man diesen Reichtum zu verdanken hat, sich auf 0,55 m² (!) pro 85 kg (!) schwerem Schwein um ein bisschen nackten, verdreckten Betonboden mit scharfkantigen Spalten prügeln müssen?
So sieht es in Wahrheit aus:
Wie lange liegt dieses tote Schwein eigentlich schon dort? Schert sich da niemand? Woher kommen alle diese Maden? Fällt das niemandem auf? Ist das alles in die Kalkulation für Input in die Schweinefabrik und Output von Fleisch mit einberechnet, sodass der meiste Profit entsteht? Gehören da diese total verdreckten Futtertröge dazu? Ist das so viel billiger, dass die Schweine das eben ertragen müssen? Damit der Profit von € 149 Millionen auf € 150 Millionen steigen kann?
Da soll man nicht verbittern, als Tierschützer? Da soll man nicht die Menschheit zum Teufel wünschen? Da soll man nicht zu harten Worten greifen, um das zu kommentieren? Da soll man verständnisvoll und tolerant bleiben?
Lieber Leser und liebe Leserin mit Herz und Hirn, versetz Dich einmal, ganz kurz nur, in eines dieser Schweine, und sag mir, was Du fühlst. Sag mir, wie glücklich Du bist, zu leben. Sag mir, was Du noch vom Leben erwartest. Sag mir, was Du eigentlich den lieben langen Tag machst, und wie Du überhaupt Tag und Nacht unterscheidest. Sag mir, wie Du das aushalten und überleben kannst, ohne völlig zu verzweifeln. Und am Ende erwartet Dich ein brutaler Tiertransport und der Tod am Fließband. Ohne Mitgefühl, ohne Barmherzigkeit.
Wie lange wird das noch so weiter gehen! Wie lange werden sich die Konsument_innen betrügen lassen? Wie lange wird die Regierungspolitik diese Zustände weiterhin ignorieren und nichts tun, weil Österreich eh vorbildlich wäre? Wie lange werden wir den Tieren das noch antun?!?
Ein hervorragender Artikel lieber @ Martin Balluch.
Offensichtlich der gleichen Meinung sind auch andere Blogs
https://worldanimalsvoice.com/2020/06/17/how-long-will-we-do-this-to-the-animals/
Danke für den wertvollen Insight! Ein Tipp jedoch: bitte nicht Umsatz mit Gewinn gleichsetzen, das nimmt dir ein klein wenig Glaubwürdigkeit.
@Simon
Danke für den Tipp, aber um Glaubwürdigkeit kanns da nicht gehen. Dann hätte ich am Anfang nicht das Wort “Rekordumsatz” zitieren dürfen. Habe ich aber. Also kann man mir bestenfalls vorwerfen, mich mit wirtschaftlichen Begriffen nicht auszukennen, und das nehme ich gerne hin. Geld ist für mich nur bedrucktes Papier.
Wie kann man denn nur solche Grausamkeiten an die Öffentlichkeit bringen? Damit wird den glücklichen Konsumenten doch ihre heile Welt kaputt gemacht! Das geht doch so nicht, da gehört aber jetzt sofort ein Gesetz her, welches das Aufdecken von Tierquälerei unterbindet. (“Sarkasmus Ende”).
Das mit der Verbitterung und zum Teufel wünschen ist für mich mehr als verständlich …