18. November 2024

Statement zu meiner Kandidatur fürs Parlament

Ich bin seit 35 Jahren im Tierschutz aktiv, war davor bei der Besetzung der Hainburger Au dabei und habe mich gegen Atomkraft engagiert. Mein Leben war durch Proteste gegen jene Industrien geprägt, die den Menschen und Tieren die Lebensqualität nehmen, und das nur für ihren Profit. Ich konnte dabei zu einigen Erfolgen beitragen, insbesondere im Tierschutz vom Verbot von Pelzfarmen und Wildtierzirkussen, über das Verbot von Legebatterien, von Tierversuchen an Menschenaffen und von der Käfighaltung von Fleischkaninchen, bis zur Gründung von Tierschutzombudsschaften, zur Etablierung von Tierschutz als Staatsziel in der Bundesverfassung und zum Verbot von Kastenständen für Mutterschweine.

Jeder dieser Schritte war mit viel öffentlichem Druck von außen verbunden. Nichts ging von selbst, nie agierten die Abgeordneten im Parlament und insbesondere die Regierungsparteien von sich aus tierfreundlich, jedes Vorwärtskommen war unendlich schwer. Ja, natürlich waren die Grünen und zuletzt die Liste JETZT ansprechbarer als die ÖVP. Aber wir im Tierschutz sind wirklich schon seit langem sehr unzufrieden mit dem, was uns von Seiten des Parlaments geboten wurde. Die etablierten Parteien scheinen Tierschutz weiterhin als kleines Randthema zu behandeln, obwohl es für sehr viele von uns und insbesondere für mich das Hauptthema ist. Deshalb hatten wir schon vor vielen Jahren erstmals den Gedanken, eine eigene Tierschutzpartei zu gründen. Es gibt das Vorbild aus den Niederlanden, wo die Tierschutzpartei mit 2 Abgeordneten schon lange im Parlament ist. Die Parteichefin luden wir sogar nach Wien zum Vortrag und fragten sie nach ihren Erfahrungen.

Doch letztlich scheiterte die Parteigründung an den monumentalen Aufgaben, die damit verbunden sind. Dazu gehören vor allem die Sammlung der Unterstützungserklärungen, um überhaupt zu einer Wahl antreten zu können, und die Kosten für eine Wahlwerbung, die auch tatsächlich so weite Teile der Bevölkerung erreicht, dass genügend Menschen von uns wissen, um uns zu wählen.

Und nun erhielt ich die Chance von der Liste JETZT, als unabhängiger Kandidat für den Tierschutz zu kandidieren. Zunächst habe ich gezögert. Mein Platz bisher war in der NGO-Arbeit und ich bin für eine wunderschöne Tochter in Kinderbetreuungskarenz. Nach reiflicher Überlegung habe ich dennoch das Angebot angenommen. D.h. ich kandidiere auf einem Listenplatz (Bundesliste 5, NÖ Landesliste 1), der mich sicher ins Parlament bringt, wenn die Partei die 4 % Hürde überwindet. Ich bin aber nicht Mitglied der Partei, sondern ein unabhängiger Experte vor allem für Tierschutz, aber auch Umweltschutz, die Klimakrise und alle jene Bereiche der Politik, die die bürgerlichen Freiheiten bedrohen, wie Überwachung, Einschränkungen der Versammlungsfreiheit und die Verfolgung der Zivilgesellschaft durch repressive Strafgesetzparagraphen, wie jener der kriminellen Organisation. Und nicht zuletzt möchte ich dieses Engagement von dem im VGT, für den ich mich weiterhin einsetzen will, völlig trennen. D.h. insbesondere, dass ich natürlich keinerlei Ressourcen des VGT für Wahlwerbung verwenden kann.

Aber ein Sitz als Abgeordneter im Parlament wird mir Möglichkeiten eröffnen für Tierschutz zu kämpfen, die ich bisher nicht hatte. Dass es mir um Macht, Ruhm, Geld oder Prestige geht, wird mir vermutlich niemand vorhalten, der meine Biografie kennt. Immerhin war ich für Tierschutz im Gefängnis und wurde mir im Tierschutzprozess trotz meiner Unschuld meine gesamte finanzielle Existenz vernichtet. Eine Karriere würde ich also besser anderswo starten, habe ich doch meine akademische Laufbahn dem Tierschutz geopfert.

Und warum gerade bei der Liste JETZT mit Peter Pilz? Also erstens, weil sie mir das angeboten hat. Ich bin nicht auf sie zugegangen. Die Grünen haben mir jedenfalls nicht nur nichts angeboten, sondern sämtliche Tierschutzkandidat_innen auf der Bundesliste auf die letzten Plätze gewählt, wo sie keine Chance haben, ins Parlament zu kommen. Tierschutz dürfte also bei den Grünen im Parlament in nächster Zeit keine vorrangige Rolle spielen. Und zweitens weil meinem Eindruck nach die Liste JETZT nicht ideologisch vorbelastet ist, d.h. man kommt nicht automatisch in eine gewisse Schublade, wenn man sich für diese Liste engagiert. Die Kandidat_innen dieser Partei sind Individualist_innen mit ihrer eigenen Meinung und Expertise. Da passt mein Anliegen, Tierschutz zentral zu positionieren, wunderbar dazu. Und drittens ist der Schwerpunkt der Liste JETZT seit Gründung die Kontrolle der Mächtigen und die damit verbundene Aufdeckarbeit von Peter Pilz. Das korreliert mit unserer Aufdeckarbeit im Tierschutz.

Ich weiß, dass Tierschutz ein partei- und ideologieübergreifendes Anliegen sehr vieler Menschen ist. Das schließt für den einzelnen Menschen die Wahl jeweils einiger Parteien aus, auch wenn diese eher Tierschutz betreiben würden, als diejenige, der man den Vorzug gibt. Dazu kommt, dass keine Partei wirklich durch ihr Tierschutzengagement besticht, sondern, im Gegenteil, generell das Gefühl besteht, dass im Parlament der Tierschutz weitgehend ignoriert wird. Das will ich ändern, indem ich als Tierschützer ohne ideologischen Beiwagen antrete.

Ich weiß nicht genau, was mich erwartet, sollte ich ins Parlament gewählt werden, und ich kann daher keine konkreten Fortschritte versprechen. Aber ich kann versprechen, sollte ich ins Parlament kommen, immer und überall den Tierschutz zu thematisieren. Ich kann versprechen, der Regierung ständig ihre Verfehlungen im Tierschutz vorzuhalten, und ihr zu zeigen, was für Verbrechen sie an den sogenannten Nutztieren zu verantworten hat. Das Parlament hat nicht die Aufgabe, an die Bevölkerung zu appellieren, sich Tieren gegenüber nett zu verhalten. Altkanzler Kurz hat Tierschutz auf derartige Appelle reduziert. Das Parlament hat die Aufgabe, Weichen zu stellen, sodass sich die Gesellschaft in einer Weise verändert, dass Tiere nicht mehr misshandelt werden, und dass es den Menschen leichter möglich ist, nach ihrer tierfreundlichen Überzeugung zu leben. Ich würde meine Rolle als Parlamentarier vor allem darin sehen, die Öffentlichkeit breit zu informieren und dabei mit allen Tierschutz-NGOs zusammen zu arbeiten, und daneben mit den parlamentarischen Mitteln von Anträgen bis Anfragen nicht locker zu lassen, bis sich aus beidem zusammen eine derartige Weichenstellung in die richtige Richtung gibt. Tierschutz muss endlich zentral im Parlament ankommen. Und um das zu erreichen, fürchte ich, muss ich mich selbst zur Wahl stellen. Auf andere zu warten, hat sich zu oft als Trugschluss erwiesen.

34 Gedanken zu “Statement zu meiner Kandidatur fürs Parlament

  1. Leute, wenn ihr einziehen wollt, müsst ihr Werbung für euch machen. Ihr braucht Videos, die Masse liest nicht. Jeder ein prägnantes Video mit persönlicher Vorstellung der eigenen wichtigsten Anliegen und diese dann verbreiten. Die werden gepostet und weiterverlinkt, da müsst ihr dann gar nichts mehr tun, nur einmal drehen und hochladen, aber bald.

    Auf die Medien braucht ihr nicht zu warten, die wollen euch nicht. Ihr habt ein super Team mit vielen authentischen Einzelköpfen, macht was draus und macht es JETZT. Danke!

  2. S.g. Herr Balluch!

    Ich finde Ihre Kandidatur eine großartige Idee. Ihr unermüdlicher, Jahrzehnte langer
    Einsatz gegen das viele Tierleid ist einzigartig und bewundernswert!!!
    Mit Ihnen hätten die Tiere endlich eine ausdauernde Stimme im Parlament.
    Ich gebe Ihnen und den Tieren meine Stimme!!!!

  3. Hallo Herr Balluch,

    Sie sind endlich einmal ein Tierschutzbeauftragter der diesen Namen auch verdient, egal bei welcher Partei sie antreten. Richtige Experten wie Sie sind leider sehr, sehr selten im Parlament zu finden weil für eine politische Karriere anscheinend nur Beziehungen und nicht Befähigungen nötig sind. Meist geht es nicht darum was jemand für die Sache (z. B. für den Tierschutz) getan hat sondern darum was er für die Partei getan hat. Z.B. man belohnt einen Ex-Politiker damit, dass seine Frau einen Job als Abgeordnete bekommt weil sie angeblich so viel für den Tierschutz geleistet hat……..ein typischer Versorgungsposten. Kein Wunder das es in den heimischen Ställen derartig grausam zugeht. Leider wissen dass sehr viele Menschen nicht weil sie sich darauf verlassen, das die Politik für artgerechte Standards sorgt, was diese aber in Wirklichkeit nicht tut. Ich wünsche ihnen alles, alles Gute und dem Peter Pilz auch .

  4. hallo herr dr balluch

    gratuliere, bin nur vegetarierin, noch nicht veganerin, möchte aber wissen, ob sie auch menschen schützen würden??
    lieben gruss
    ileny

  5. Hallo Martin

    War jahrelang Gemeinderat der SPÖ in Kärnten. Habe auch aktuell ein “Parteibuch”. Bei dieser Wahl hast du meine Vorzugstimme. Bitte gebt Gas denn diese Heuchelei der anderen Parteien (vor allem FPÖ und ÖVP)n hängt mir zum Hals raus. Gerade jetzt gibt es wieder auf instagram ein post der FPÖ mit dem Aufhänger “Tiertransporte bei großer Hitze stoppen” –> da kommt dir wirklich die Galle hoch. Da sag ich nur Fiaker und berittene Polizei bei 39 Grad. Alles Gute. Meine Stimme ist sicher.

  6. kann es kaum erwarten dieses Mal mit Freude und ohne schlechtem Bauchgefühl mein “Kreuzerl” machen zu können! Volle Unterstützung!

  7. Ich begrüße Ihr Antreten sehr – wie Sie richtig sagen, sind Sie und PP wechselseitig Steigbügelhalter und damit dann hoffentlich beide mit Ihren jeweils sehr berechtigten Anliegen im NR vertreten. Meine Stimme hat JETZT jedenfalls.

  8. S. g. Herr Balluch!
    Ich freue mich über Ihre Kandidatur und über das Gefühl, einmal nicht nur das “geringere Übel” wählen zu müssen, sondern einen Menschen, den ich ob seines kompromisslosen Engagements sehr bewundere.

  9. Die Gründung einer Tierschutz-(Tierrechts-)Partei ist nicht gescheitert, es gab sie, es wurden Unterstützungserklärungen gesammelt und die Partei konnte tatsächlich antreten, 2008.

    Gescheitert ist das Projekt wahrscheinlich nicht an den bösen (Mit-)Politikern, den Bauern, dem System etc., sondern schlicht und einfach an dem, woran in der Tierrechtsszene so oft alles scheitert: an persönlichen Animositäten und Feindseligkeiten innerhalb der Szene und dem Unwillen der Beteiligten, zugunsten eines großen Ganzen diese Feindseligkeiten zu unterdrücken.

    Good luck this time.

  10. Meine Lebensgefährtin und ich haben bereits beschlossen:
    Bei der nächsten Wahl sind unsere Vorzugsstimmen jetzt vergeben – für Hr. Balluch !

  11. Hallo Martin Balluch!

    Ich bin zwar nicht Tierschützer, und Fleischesser, bin aber nach Lektüre ihres Blogs (als damaliger Liste Pilz Wähler), sehr positiv überrascht. Mir gefällt ihre rationale Argumentation, die ich großteils nachvollziehen kann (va. ihre Feminismuskritik wenn das auch nicht ihr Thema ist). Ich hoffe, dass Jetzt die 4% Hürde knackt, und von den Medien nicht niedergeschrieben wird.

  12. Ich würde den Martin auch gerne im Parlament sehen aber mit dem Pilz wird das nichts mehr. Pilz und die Grünen haben dem Umweltschutz sehr geschadet, indem sie zwei Jahrzehnte lang den politischen Platz für eine echte Umweltpartei mit ihren GlücksritterInnen blockiert haben. Der Martin, die Klimaforscherin Kromp-Kolb, evtl. auch der Dönmez – das könnte ein glaubwürdiger Kern für eine integre und kompetente politische Kraft sein. Aber für den Pilz kandidieren – das ist, wie ein totes Pferd reiten.

    1. LiebeR Robin, ich werde das noch in einem eigenen Blogartikel ausführen (müssen), aber man darf meine Kandidatur keinesfalls so sehen, dass ich Peter Pilz oder die Liste JETZT dazu bringen will, sich für Tierschutz einzusetzen. ICH werde mich für Tierschutz einsetzen, wenn ich ins Parlament komme, ganz egal was Peter Pilz dazu sagt oder macht. Als unabhängiger Kandidat bin ich frei das zu tun. Man muss meine Kandidatur als eine Art Vereinbarung zwischen Peter Pilz und mir sehen: wir sammeln jeweils Stimmen für uns und unsere Anliegen, und dann legen wir sie zusammen, um über die 4 % Hürde zu kommen, agieren dann aber im Parlament wieder unabhängig. Ich hoffe dadurch, dass ich die gesamte Tierschutzszene mobilisiere, und zwar außerhalb des rechts-links Schemas, so viele Stimmen zu bekommen, dass sie zusammen mit jenen von Peter Pilz dazu ausreichen, ins Parlament zu gelangen. Das ist die Mission. Peter Pilz, so könnte man es auch sagen, ist mein Steigbügelhalter, damit ich ins Parlament komme (wie ich seiner bin). Es ist halt einfach unwahrscheinlicher, das alleine zu schaffen.

  13. Ganz toll, dass du dich in Österreich in der Politik für unsere Tiere einsetzen willst. Alles Gute dabei. Bei Liste JETZT ist eh zu erwarten, dass Tierschutz und Tierwohl einen hohen Stellenwert haben.
    Tolle Blogs!

  14. Guten Tag, sehr geehrter Herr Balluch!

    Ihre Kandidatur bedeutet für die Liste JETZT einen enormen Zuwachs an Glaubwürigkeit. Ihnen und vor allem ihren seit langem verfolgten Anliegen wünsche ich den bestmöglichen Erfolg.

  15. Guten Tag Herr Balluch,
    würde mich sehr freuen, sie im Parlament zu sehen; fürchte aber, dass die Liste JETZT die 4%Hürde nicht schaffen wird; ich hätte, nachdem ich bei der letzten Wahl die Liste JETZT gewählt hab, nun die GRÜNEN gewählt; sie lassen mich wegen Ihrer Kandidatur an der Entscheidung die GRÜNEN zu wählen, wieder zweifeln – habe aber Angst, dass es eine “verlorene” Wählerstimme ist, die Liste JETZT zu wählen(4%Hürde) und sie nicht als starker Tierschutzsprecher im Parlament vertreten sein werden
    Schöne Grüsse
    Harald Lang (VGT Mitglied)

    1. Diese sehr rationale Überlegung führt aber stets dazu, dass letztenendes doch immer wieder die großen Mehrheitsparteien gestärkt werden. Und sämtliche Straftaten der Grassers und Strasser werden sich wiederholen, weil ihre Parteien sowieso gewählt werden, weil ‘jede Stimme für eine andere Partei doch eine verlorene Stimme ist.’

  16. Eine großartige Chance für den Tier-, Umwelt–und Klimaschutz!! Ich freue mich sehr, dass Du Lieber Martin, die Möglichkeit nutzt und besser könnte der Tierschutz nicht vertreten sein!!!

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