22. Dezember 2024

Verteidigungsrechte beim Tierschutzprozess nicht internationaler Standard

Ich bin ja gerichtsunerfahren, was Strafprozesse betrifft. Ich kann also nicht beurteilen, ob es normal ist, wie im Tierschutzprozess, dass man die Polizei praktisch nichts fragen darf, dass man die ZeugInnen der Anklage nicht durch Fragen in Bedrängnis bringen darf, dass man keine eigenen Gutachten vorlegen darf, dass man die GutachterInnen der Staatsanwaltschaft durch Gegenthesen oder gar Tests nicht herausfordern darf usw. Jetzt lese ich ein Buch, „Memoirs of a radical lawyer“, von Michael Mansfield QC (QC heißt Queen’s Council und ist die höchste Form von Anwalt, die in England existiert), einem Anwalt in zahlreichen politischen Prozessen in England. Ich kann dieses gerade neu erschienene Buch nur allen empfehlen.

Einerseits gehen einem die Augen über, was die Polizei und AgentInnen des Staates in England schon für politische Verbrechen begangen haben. Bei einer Demonstration von Kohlearbeitern gegen die Schließung ihrer Mine z.B. oder bei einem Friedensmarsch in Nordirland und bei vielen weiteren Beispielen. Gemeinsam haben diese im Buch belegten Fälle, dass die Polizei unfassbare Gewalt bis zum Mord ausübt und dass sie danach bis in die höchsten Kreise ihre Taten vertuscht und vor Gericht einfach lügt. Und gemeinsam haben alle diese Fälle, dass der Polizei absolut nichts passiert, auch wenn ihr ihre Verbrechen und ihre Lügen nachgewiesen werden.

Andererseits aber bin ich vom Vorgehen von Mansfield beeindruckt. Seine Befragungen von Polizeizeugen sind ja wörtlich im Buch abgedruckt. Also beim Tierschutzprozess in Wr. Neustadt würde die Richterin das niemals erlauben. Weder die Art, wie er fragt, noch die Inhalte.

Ein Polizist, der einen Demonstranten, der mit einem weißen Taschentuch gewunken hat und einem Verletzten helfen wollte, einfach niedergeschossen hat, kann sich vor Gericht an nichts erinnern. Das kennen wir auch vom Tierschutzprozess. Mansfield beginnt eine scharfe Befragung, bedrängt den Polizisten dabei und hält ihm z.B. ganz deutlich vor, dass er der Todesschütze war. Die Richterin in Wr. Neustadt würde Mansfield schon bei der ersten Frage abbrechen, in England kann Mansfield frei ohne jede Unterbrechung fragen, solange er will, einmal sogar 3 Tage lang einen einzelnen Polizeizeugen.

Mansfield schreibt lang und breit von Sachverständigen der Anklage und kritisiert diese als einseitig. Er fährt dagegen eigene Sachverständige auf, die ganz selbstverständlich persönlich vor Gericht ihre Erkenntnisse vortragen dürfen. Damit werden die einseitigen Aussagen der Anklagesachverständigen relativiert. In Wr. Neustadt wurde uns das grundsätzlich nicht erlaubt.

Mansfield war bei einem Prozess mit einem linguistischen Sachverständigen der Anklage konfrontiert, der seinen Klienten fälschlich belastet hat. Das kennen wir ja auch aus dem Tierschutzprozess. Mansfield trägt daraufhin diesem Sachverständigen der Anklage auf, 10 Textproben von 10 Personen, die er erstellen hatte lassen und die in ganz ähnlicher Weise wie der inkriminierte Text geschrieben wurden, diesen Personen zuzuordnen. Der Sachverständige schafft das mit seiner Methode überhaupt nicht und damit ist sein Gutachten unglaubwürdig. Die Richterin im Tierschutzprozess würde das nicht erlauben. Sie würde einfach sagen, der Sachverständige ist gerichtlich beeidet und damit vertrauenswürdig und Punkt.

Mich würde jetzt interessieren, ob es sich da einfach um ein viel schlechteres Gerichtssystem in Österreich handelt oder ob nur unsere Richterin im Tierschutzprozess so einseitig ist und einfach widerrechtlich verhindern will, dass die Lügen und Verbrechen der SOKO aufgedeckt werden. Wenn ich so vorgehen könnte, wie Mansfield, würde es in diesem Prozess ganz anders ausschauen.

4 Gedanken zu “Verteidigungsrechte beim Tierschutzprozess nicht internationaler Standard

  1. ignoranz ist leider ein unschlagbares Argument – dass dieses allerdings von einer Richterin verwendet wird ist feinste mittelalterliche Rechtsprechung.

    Ein anständiger Justizminister müsste in diesem Fall eingreifen.

  2. Hi,
    also ich war mal in Wels vor Gricht, weil ich (angeblich) meinen Hund in praller Sonne im Auto hätte sitzen lassen. Tatsache war, dass das Auto im Schatten stand (Betoncarport) und der HUnd am Vortag eine schlimme Rauferei hatte so dass ich Ihn nicht im Rudel (Huskies) lassen wollte. Die Geschichte ist eigentlich länger, aber ich nham vor der verhandlung Akteneinsicht und im Akt war ein Foto, was die Polizei selbst gemacht hatte. Mein Auto parkte vor eine Schaufensterfront und in dieser spiegelte sich der fotografierende Polizist. Im Speigel konte man eindeutig sehen, dass sowohl das komplette Fahrzeug als auch der Fotograf im Schatten standen (am Boden zu sehen). Der Richter liess mich selbst die Zeugen befragen und folgte meiner Argumentation, nicht den Polizisten. Ich wurde “freigesprochen”. Deine Richterin ist sicher ganz speziell für die Terroristenbekämpfung ausgesucht. Ich wünsche Dir das allerbeste !
    Andrea Heinrich

  3. Dazu eine Anmerkung: Was soll denn “der Polizei” passieren? Wenn, dann kann gegen einzelne Polizisten / Polizistinnen vorgegangen werden, aber die Institution Polizei in ihrer Gesamtheit ist ja wohl kaum belangbar.

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