22. November 2024

Vorratsdatenspeicherung in Kraft!

Jetzt ist sie also tatsächlich Realität, die Vorratsdatenspeicherung. Natürlich, es wurden schon ohne Vorratsdatenspeicherung z.B. in der Tierschutzcausa von jedenfalls weit mehr als 30 Anschlüssen von TierschützerInnen alle Handydaten gespeichert, ohne dass ein Verdacht vorgelegen hatte. Die SOKO wusste schon, wie sie sich die Genehmigungen einholen kann, und zumindest einige Überwachungsmaßnahmen hat sie auch ohne Genehmigung durch Staatsanwaltschaft oder Gerichte einfach durchgeführt. Trotzdem ist diese Speicherung der Daten für alle Menschen in Österreich eine weitere Eskalation in Richtung Totalüberwachung. Darüber zu schimpfen ist zu wenig, wir müssen die Vorratsdatenspeicherung rückgängig machen. Es wird langsam Zeit für eine konfrontative Kampagne gegen den zunehmenden Überwachungs- und Polizeistaat.

So oft haben wir das Argument gehört, selbst von Innenministerinnen, so oft haben wir darüber gelacht, und doch scheint es sehr viele Menschen zu überzeugen: Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten. Selbst wenn das in einer sehr sehr abgeschwächten Form für politisch inaktive BürgerInnen gelten würde, so gilt es sicher nicht für AktivistInnen, die den Mächtigen auf die Nerven gehen. Diese Personen sind aber notwendig, um eine lebendige Demokratie zu erhalten. Spätestens, wenn z.B. auch in Ihrer Nachbarschaft eine Tierfabrik gebaut wird und sie dagegen protestieren wollen, brauchen sie den dafür nötigen Freiraum. Dass man seine Grundrechte nicht mehr hat, merkt man erst, wenn man sie braucht. Und die Überwachung mittels Vorratsdatenspeicherung führt ganz direkt dazu, dass man nicht mehr zu protestieren wagt. Wenn man nämlich weiß, dass man staatlicherseits beobachtet wird, dann versucht man schon ganz unbewusst in der Menge zu verschwinden und nicht aufzufallen – das Gegenteil eines zivilcouragierten und effektiven Protests. Überwachung tötet also Zivilcourage.

Ein Beispiel dafür, wie Unschuldige, die aber politisch aktiv sind, durch die Überwachung ihrer Handydaten verfolgbar werden, liefert die Tierschutzcausa ohne Ende. Wer oft mit den „falschen“ Leuten, also u.a. mir, telefoniert hat, wurde sofort verdächtig. Die Kommunikationsdaten zwischen mir und anderen Leuten waren tatsächlich die wichtigsten Belastungsindizien in manchen Fällen, es stand so explizit in den Abschlussberichten der SOKO. Felix Hnat wurde sogar nur deswegen angeklagt, er hätte den Tatort einer Sachbeschädigung ausgeforscht, weil er 2 Monate vor dieser Straftat im 300 m Umkreis um den späteren Tatort mit dem Handy eingeloggt war. Es handelte sich dabei um einen Bereich im 3. Wiener Gemeindebezirk, mit U-Bahn, Straßenbahnen und Hauptverkehrsstraßen. Es ist ja schon fast erstaunlich, dass niemand anderer unter den TierschützerInnen zur Tatzeit plus/minus 2 Monate dort eingeloggt war. Hier haben wir also den Fall eines Unschuldigen, der ausschließlich aufgrund seiner Handydaten nicht nur verdächtigt sondern sogar angeklagt wurde. Sein Freispruch ist auch keine Konsolidierung, vorher war er ja 3 ½ Monate in U-Haft, musste den Stress eines 14 monatigen Prozesses über sich ergehen lassen und ist jetzt trotz Freispruchs finanziell bankrott. Wie war das noch einmal, wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten? Nicht, wenn es einen politischen Willen zur Verfolgung gibt.

Die Tierschutzcausa ist dabei nicht das einzige solche Gegenbeispiel. Erinnern wir uns an den Uni-brennt Prozess, der noch nicht ausgestanden ist. Die vier Angeklagten wurden verdächtigt, weil sie ihre Handys einige Stunden nach der Tat in der Umgebung des Tatortes (das AMS mit den brennenden Mistkübeln) eingeloggt hatten. Wieder kam es zu einer Polizeiaktion, wieder U-Haft, wieder ein Prozess – und hoffentlich wieder ein Freispruch.

Mit der Vorratsdatenspeicherung hat die Polizei die Möglichkeit, die TeilnehmerInnen praktisch jeder Demonstration ohne Aufwand abzuspeichern. In Kürze werden die Archive des Verfassungsschutzes mit den Daten aller politisch aktiven Menschen in Österreich gefüllt sein. Ein Zustand, von dem Regierungen wie seinerzeit jene der DDR nur träumen konnten. Damals mussten noch eigene BeamtInnen jeden einzelnen Brief am Postamt abfangen und notieren, zur Not öffnen, lesen und neu zukleben. Die Entwicklung der Technologie reduziert den Aufwand und erlaubt diese Kontrolle flächendeckend. Wir dürfen das nicht zulassen, jetzt müssen wir uns wehren!

2 Gedanken zu “Vorratsdatenspeicherung in Kraft!

  1. Was alles gemacht wird weiß man ja gar nicht. Hier geht es um ein Gesetz an das man sich halten kann. Wenn aber in der Tierschutzcausa – ohne dieses Gesetz – gespeichert wurde ohne eine Genehmigung zu haben, wird es mit diesem Gesetz sicher auch gemacht werden. Bereits Verdächige, also Überwachte können davon gar nicht betroffen sein. Denn nicht nur die Polizei lauscht. Auch das Militär ist aktiv, auch wenn das bestritten wird:

    (wikipedia) “Immer wieder gibt es in österreichischen Medien Berichte, dass der Dienst verbotenerweise auch im Inland aktiv wird. Offiziell wird dies bestritten. Sicher ist, dass er Informationen mit der Polizei und dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung austauscht. Letzteres ist im Rahmen der Amtshilfe durch die Verfassung gedeckt. … Auch wenn das in erster Linie die Staatspolizei betraf, soll an solchen Spitzeleien laut einem Bericht der Zeitschrift Profil auch das Heeresnachrichtenamt beteiligt gewesen sein, indem es seine Abhöranlagen nutzte, um nicht nur Nachbarländer, sondern auch Bürger des eigenen Staates zu belauschen und Telefonate abzuhören. Sicher ist, dass es sich daran beteiligte, die Vergangenheit des Bundespräsidenten Kurt Waldheim zu erforschen.”

    “Ein weiteren Schwerpunkt in der Abwehr sind Formen des Extremismus – sowohl im linken, als auch im rechten Bereich, aber auch religiös motivierter und initiierter Extremismus.” (http://www.facts.biz.ly/Nachrichtendienste.html) Dazu zählt heute vermutlich auch der Tierschutz.

    Wer wissen will was alles technisch für einen Geheimdienst möglich ist sollte das hier lesen: http://www.bmlv.gv.at/truppendienst/ausgaben/artikel.php?id=85

    Wenn das Militär gegen derartige Lauschangriffe vorgehen kann, ist es wohl auch in der Lage diese selbst durchzuführen.

    Fremde Geheimdienste sicher auch. Jetzt wo Österreich Teil der EU ist, wird es da sicher auch genug “Austausch” geben, aber wenig Kontrolle, falls überhaupt. Wenn da jemand glaubt er könne seine “Kontakte” technisch verschleiern, oder mit “Verschlüsselung” Texte unkenntlich machen, wie man auf dem hier verlinkten Artikel liest, irrt er gewaltig.

    Ich würde mich also nicht darauf verlassen, dass man diese Leute einfach so austricksen kann. Man wird vielleicht keine derartig erhobenen Daten in irgendwelchen Akten finden, aber sie werden da sein und “unsichtbar” wirken.

    Ich bin technisch nicht versiert, deshalb kann ich nicht sicher sagen ob das stimmt, aber irgendwann habe ich, glaube ich mich zu erinnern, im Fernsehen gesehen, dass man alle Daten von allen Handys gleichzeitig scannen kann, die an einem bestimmten Ort telefonieren. Wenn also eine Person schon verdächtigt wird, nützt ein Wechsel der Nummer, oder des Handys nicht, weil trotzdem festgestellt werden kann mit wem diese Person telefoniert (wenn man weiß wo sie sich aufhält), weil alle Daten in einem bestimmten Umkreis erfasst werden. Es ist naiv zu glauben man könne jemand anderen mit dem Handy los schicken und selbst ein Wertkartenhandy in der Zwischenzeit benützen.

    Alleine das hier bekommt man im Handel!!! Auch wenn dort steht nur für “gewerblichen und behördlichen Bedarf “.
    http://www.alarm.de/

    Da wird es sicher ärgere Sachen auch noch geben von denen niemand etwas weiß.

    Ich denke bei dem Vorratsdatenspeicherungs-Gesetz geht es darum, auch nachträglich feststellen zu können, wann und mit wem jemand der bisher nicht erfasst wurde, Kontakt mit bisher ebenso Unverdächtigen hatte, bzw. diese bei Gericht als Beweis zuzulassen. Etwas anderes ergibt wenig Sinn. Verdächtige werden ja sowieso überwacht und nicht nur die Verbindungsdaten, sondern auch die Gesprächsinhalte. Es kann sich also nur gegen Menschen richten die als unschuldig gelten. Es kann deshalb auch dazu dienen, nachträglich Überwachung zu legitimieren, die vielleicht bisher illegal war. Aber zu glauben man würde bisher nicht erfasst worden sein, wenn man mit einem bereits Verdächtigen in irgendeiner Weise (auch nur kurz – etwa beim Wählen einer falschen Nummer) Kontakt hatte, ist sicher naiv.

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