5. November 2024

Was, Herr Minister, ist Ihrer Meinung nach die Rolle von Tierschutzvereinen?

Mit dem Konflikt ums Tierversuchsgesetz ist offenbar das Wissenschaftsministerium erstmals in den Fokus einer NGO-Kampagne geraten. Das entnehme ich jedenfalls der Reaktion des Ministers auf unserer drängenden Forderungen und unsere (bisher sowieso nur harmlosen) Aktionen. Heute im Ministerbüro, mitten im konstruktiven Gespräch, erhielt Minister Töchterle per Handy die Nachricht von unserer Aktion vor dem Parlament und der dazugehörigen Presseaussendung, die hier nachzulesen ist: https://vgt.at/presse/news/2012/news20121018y.php. Grund genug für ihn, uns TierschützerInnen mehr oder weniger direkt aus seinem Büro zu werfen. Ende der Gespräche, bevor sie noch richtig begonnen haben.

Ich habe mich dabei einmal mehr gefragt, was nach Meinung des Ministers eigentlich die Rolle eines Tierschutzvereins ist. Anfänglich waren wir nicht darüber informiert worden, dass ein Entwurf zum Tierversuchsgesetz – natürlich mitten im Sommerloch, um möglichst wenig öffentliches Interesse zu wecken – in Ausarbeitung war. Wir wollten unbedingt vorher dem Ministerium unsere Forderungen dazu vorbringen, damit sie in den Entwurf einfließen können. Das wurde mit völligem Unverständnis quittiert, auch wenn wir zuletzt einen Gesprächstermin bekamen. Zu spät allerdings, wie uns dabei verkündet wurde, der Entwurf zum neuen Tierversuchsgesetz sei bereits fertig und werde aufgrund der großen Mühe seiner Formulierung nur wenig geändert werden können.

Nach Veröffentlichung des Entwurfs gaben wir eine offizielle Stellungnahme ab und wollten am Ende der Begutachtungsfrist wieder einen Termin mit dem Minister, um über die weitere Vorgehensweise zu verhandeln. Meines Erachtens ist das ein völlig normaler Vorgang in einer Demokratie, die Interessensvertretungen werden in die Verhandlungen zur Kompromisslösung einbezogen. Wir ernteten für unsere Anfrage aber nur totale Verwunderung bei den zuständigen BeamtInnen. Mit Abgabe unserer Stellungnahme, so offenbar die Ansicht im Ministerium, hätten wir unsere Aufgabe erfüllt, den Rest erledige das Wissenschaftsministerium im Alleingang. Dabei haben wir zu diesem Zeitpunkt erst mit unserer Kampagne begonnen, wie in solchen Situationen immer.

Unsere Reaktion auf die Abweisung aus dem Ministerium war für Menschen mit Demokratieerfahrung vorhersehbar: wir kritisierten das Vorgehen des Ministers öffentlich und organisierten medienwirksame Aktionen, um die Öffentlichkeit auf die Situation aufmerksam zu machen. Wie, um alles in der Welt, sollten wir sonst reagieren? Wozu, glaubt das Ministerium, finanzieren uns unsere 20.000 Mitglieder, wenn nicht dafür, in ihrem Namen für ein strenges Tierversuchsgesetz zu kämpfen? Und wie soll man das anders angehen, wenn man nicht in die Verhandlungen eingebunden wird, ja wenn es überhaupt keine Verhandlungen gibt!

Doch genau das, unsere Aktionen und unsere Presseaussendungen, entsetzten offenbar wiederum den Minister. Und die heutige Aktion mit Presseaussendung brachte gar das Fass zum Überlaufen und wir wurden aus seinem Büro komplimentiert.

Warum ist es eigentlich so schwierig, ganz normal zu verhandeln? Warum kann man nicht die Tierversuchsseite und die Tierschutzseite zu Gesprächen einladen, selbst diese Gespräche moderieren und schauen, wie weit die KontrahentInnen gemeinsam auf einen grünen Zweig kommen? Warum lässt man nicht die Interessensvertretungen diese Sache ausschnapsen und entscheidet dann auf Basis der besten möglichen Annäherung? Warum lässt man nicht die vernünftigen Argumente der beiden Seiten gegeneinander antreten, organisiert Expertenhearings oder gleich eine Enquete? Was hindert Minister Töchterle, bitte schön, vernünftig und demokratiereif vorzugehen und eine offene und öffentliche Diskussion zuzulassen? Warum darf das Volk, darf der Tierschutz, einfach nicht zu Wort kommen? Was ist dabei zu verlieren? Oder ist das einfach das kaiserliche Erbe, das wir fast 100 Jahre nach Ende des Kaiserreichs und 67 Jahre nach Beginn der zweiten Republik noch immer nicht abzulegen imstande waren? Ist unsere Demokratie wirklich noch zu jung und unerfahren, oder unsere Politikvertretung zu vordemokratisch geprägt, als dass echte Verhandlungen zugelassen werden könnten?

Wie gedenken Sie, Herr Minister, dass wir auf ihr Verhalten reagieren sollen? Welche Rolle haben sie uns Tierschutzorganisationen zugedacht, in der Entstehung des neuen Tierversuchsgesetzes? Was, meinen Sie, erwarten unsere 20.000 Mitglieder von uns? Denken Sie ernsthaft, Herr Minister, dass wir jetzt einfach aufgeben und schweigen?

Ich hatte heute vor dem Parlament ein totes Kaninchen aus einem Tierversuchslabor im Arm. Dieses Wesen hatte nie die Chance auf ein gutes Leben. Das neue Tierversuchsgesetz wird uns die nächsten 30 Jahre oder so erhalten bleiben, es wird die nächsten Jahrzehnte bestimmen, was mit Wesen wie diesem Kaninchen, das ich in den Armen hielt, passieren wird. Und da habe ich diesem Tier geschworen, alles in meiner Macht stehende zu unternehmen, um dieses Gesetz in eine Form zu bringen, die den Versuchstieren unter den gegebenen Bedingungen den maximalen Schutz gewährt. Klein beizugeben ist keine Option!

7 Gedanken zu “Was, Herr Minister, ist Ihrer Meinung nach die Rolle von Tierschutzvereinen?

  1. Vermutlich war das Beleidigtsein ein ersehnter, grundloser Grund sich im Unnamen einer Demokratie Kraft seines Amtes aus dem Staub zu machen, auf unhöflliche Art allen gegenüber. Die anderen in seiner Runde tragen diese Unhöflichkeit mit.

    Es entsteht seit langem der Eindruck, dass in diesem Haus viele, die sich darin bewegen und hinter den Kämmern sitzen, einer Gruppenhypnose unterliegen, im Glauben, nur weil alle dasselbe tun bedeute das, dass es keiner menschlichen Korrektur bedürfe.

    Ich glaube, jeder Mensch bemerkt, dass diese Welt verroht, obwohl es so viele g´scheite Bürokraten gibt und wie es so läuft im großen Strom, ärgern sich viele, sind frustriert und tun verroht mit. Und viele sehnen sich im Grunde leer nach etwas Neuem, Echtem, nach etwas Zarterem, Feingeistigem, das die Seele bunter schwingen lässt, vielfältiger, leichter.
    Dazu bräuchte es mehr Rücksicht, einen echten, wendigen Geist und weniger aufgeplusterte Wichtigkeit, besonders bei den Medienleute und all denen dahinter.
    Die ständige, ewig gleiche Tour der dumben, schweren, rohen, zerstörerischen, giftigen und verlogenen Töne überall aus allen Medien und im Umgang miteinander, zeigt und fördert primitives Bewusstsein ohne Kurskorrektur, ist das gewollt oder tatsächlich nur primitiv? Ohne Hilfsbereitschaft, ohne Aufeinander zugehen, ohne wendige Überlegungen, nur Angriff, Abwertung, Mißtrauen, nur Zerstörung als einzige Strategie des Überlebens im Bewusstsein? Das ist arm.

    Hat sich in der Tierschutzcausa vom Haus, das immer seltsamer wird, einer oder viele, stellvertretend oder einfach so, menschlich, entschuldigt für dieses Vergehen an Menschen, die sich ihr Herz bewahrt haben, die in ihrem Bewusstsein wie ein feines Instrument die göttliche Schwingung Mitgefühl aktivieren können und damit weitere Schwingungen aktivieren, die das gesamte Innere ausfüllen, trotz Leid, mit wunderbarer Musik und Buntheit, Abenteuer Liebe Wertschätzung Vertrauen Rücksicht Mitfreude.

    Ich glaube, vor der Grundsatzdebatte was Mensch und Tier verbindet und unterscheidet, müsste gründlich geklärt werden, was wirklich Mensch sein, das menschliche Bewusstsein, bedeutet.

    Es wäre an der Zeit für die Anerkennung und Gleichstellung von Gefühl und Logik, es wäre die Zeit für die Synchronisation beider Gehirnhälften. Die Logik wurde bisher hochgehalten, doch wenn wir genau beobachten, dann ist es nicht der Leib, der dem Bewusstsein am nächsten ist, und es sind auch nicht die vielen, vielen Gedanken, die dem Bewusstsein am nächsten sind, auch nicht die imaginativen Bilder der Erinnerung, das, was dem Bewusstsein am nächsten ist, sind die verschiedenen Schwingungen, die machen uns zu dem was wir sind. Dazu wäre es auch an der Zeit, Lilith, die erste Frau Adams miteinzubeziehen, das Ebenbürtige im Bewusstsein, die Symbiose. Freude. Vertrauen. Stärke. Eigenständig im Bewusstsein das Innere füllen. Nicht wie bisher das Beherrschen, Kritk, Unterdrückung und Schlechtmachen wollen der anderen Sphäre, und das ständig durch etwas anderes kompensieren müssen und damit leer und unruhig werden und freudlose Schwingungen erzeugen.

    Wenn wir die Synchronisation, die Smbiose, verstehen, können wir alle, langsam aber doch anders mit uns selbst umgehen, und so mit anderen. Das käme auch den Tieren zugute.

    Niemand müsste sich dabei fürchten etwas zu verlieren. Auch nicht die Kirche. Im Gegenteil. Die innere Gender bedeutet Gleichgewicht, das gibt Stärke. Und die können wir alle in einen neuen Miteinander brauchen.

    Dann braucht auch niemand aus Angst ultaschnell beleidigt und schwach sein, weil jemand Hilfe braucht in dieser zerstörungswütigen, noch ziemlich primitiven Spezies.

    “Das neue Tierversuchsgesetz wird uns die nächsten 30 Jahre oder so erhalten bleiben, es wird die nächsten Jahrzehnte bestimmen” (…)

    30 Jahre… Das gibt Einblick in deren Bewusstsein.

    Vielleicht gibt es Hoffnung für die Tiere
    und ein Neuer Mensch oder mehrere im Hohen Haus fassen sich in den nächsten Jahen ein Herz zur Wende.

  2. Minister Töchterle war kürzlich in der ZIB 2 zum Thema Studiengebühren zu Gast. Auf kritische Fragen und Argumente, sein Vorgehen betreffend, wirkte er sehr schnell genervt, offenbar ein typisches Verhalten von Politikern und Politikerinnen der ÖVP, in deren seltsamen Demokratieverständnis.

  3. Es ist so traurig ! Ich empfinde solche Hilf und Machtlosigkeit gegenüber diesen Beamtenapparat! Um so mehr bewundere ich den VGT für sein Durchhalten und Weiterkämpfen! Ihr habt meine volle Unterstützung.Danke!!!

  4. auf die Gefahr hin mich zu wiederholen – Österreich ist nach wie vor ein Untertanenstaat und Untertanen mischen sich nicht ein, haben sich nicht einzumischen…

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