Es ist soweit, unser seit 2 Jahren gefordertes Kampagnenziel wurde erreicht: am 6. April 2017 wird der Bundesrat den Beschluss des Parlaments für eine Änderung des Bundestierschutzgesetzes durchwinken, und darin steht
§ 5 (2) Tierquälerei begeht, wer
14a. ein in Gefangenschaft gezüchtetes Wildtier aussetzt, das zum Zeitpunkt des Aussetzens in freier Natur nicht überlebensfähig ist
Der Tierschutzrat hatte noch einen anderen Wortlaut beschlossen, nämlich, dass das Aussetzen von Fasanen, Enten, Rebhühnern und Hasen aus menschlicher Zucht für die Jagd verboten ist. Das wäre natürlich eindeutiger gewesen, aber die VerfassungsjuristInnen waren der Ansicht, dass man im Tierschutzgesetz nur jenes Aussetzen von Wildtieren verbieten kann, bei dem die ausgesetzten Wildtiere leiden, auch wenn sie nicht bejagt werden. Deshalb die neue Formulierung.
Manche JägerInnen versuchen nun zu argumentieren, dass das gar nicht auf die Jagd anwendbar wäre. Natürlich würden die ausgesetzten Tiere überleben, sonst könnte man sie ja nicht einige Wochen später bejagen, in der Praxis. Im Schlosspark Thal wurden Jahr für Jahr 1500 Fasane ausgesetzt. Bei den letzten beiden Jagdsaisonen dort starben davon nur jährlich 300 bei der Treibjagd, der Rest ist in anderer Weise zugrunde gegangen. Über den Winter kam jedenfalls keines der ausgesetzten Tiere. 1200 Fasane sind also durch das Aussetzen gestorben. Und das ist die Tierquälerei!
Nun, es gibt eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien, die belegen, dass gezüchtete Fasane, Rebhühner, Enten und Hasen in freier Wildbahn nicht überlebensfähig sind. Deswegen hat das Fachgremium Tierschutzrat ja einstimmig obigen Gesetzestext vorgeschlagen. Aber was ist besser, als die Jägerschaft mit ihren eigenen Waffen zu schlagen! Klaus Hackländer ist Universitätsprofessor am Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der BOKU in Wien. Er tritt ständig bei Jagdtagungen auf und spricht den JägerInnen aus der Seele bzw. redet ihnen nach dem Mund. Auch bei der Frage der Jagdfreistellung vor dem Verfassungsgerichtshof war er die stärkste Waffe für die Jägerschaft, um ihre Wichtigkeit zu betonen. Ja und im Tierschutzprozess da war er einer der Gutachter gegen die Angeklagten, weil er belegen sollte, dass Nerze, die aus einer Pelzfarm ausgelassen wurden, in freier Wildbahn zugrunde gehen würden. Und das, obwohl nachweislich viele von ihnen überlebt haben und heute noch ihre Nachkommen im Waldviertel zu Hause sind. Kann man also dieses Argument der Tierquälerei, das Hackländer für das Aussetzen von Nerzen aus Pelzfarmen vorgebracht hat, auch auf das Aussetzen von gezüchteten Fasanen, Enten und Hasen anwenden?
Er selbst, so wie ich ihn kenne, würde das sicher in diesem Zusammenhang nicht tun. Vielleicht fürchtet er um den Verlust der Finanzierung seiner Arbeit durch die Jagdverbände? Aber im Oktober 2016 hat er sich, ohne noch von der geplanten Gesetzesnovelle etwas zu ahnen, in der Jagdzeitschrift “Der Anblick” zu dieser Frage geäußert:
Im Titel noch offen gelassen, wird Hackländer im Text sehr deutlich. Es gibt einen genetischen Unterschied zwischen den Zuchttieren und jenen in freier Wildbahn. Ersteren würden lebensnotwendige Instinkte mangels natürlicher Auslese bei der Züchtung fehlen:
ENTEN
Stockenten aus der Zucht sterben zu 90-96 % ohne Bejagung bis zum nächsten Frühjahr:
FASANE
Bei einer Studie zeigte sich, dass keiner von 400 ausgesetzten Zuchtfasanen länger als 5 Wochen ohne Bejagung überlebte.
HASEN
Beim Aussetzen von Hasen aus menschlicher Zucht war es nicht viel anders: in den ersten 10 Tagen nach dem Aussetzen starben 68 %, bis zum 30. Tag waren 78 % der Tiere tot.
SCHLUSSFOLGERUNG
Selbst der vehementeste Vertreter der Jägerschaft im universitären Bereich, als Experte für Wildbiologie und Jagdwirtschaft, bestätigt einwandfrei, dass das Aussetzen gezüchteter Fasane, Enten und Hasen eine Tierquälerei ist, weil der allergrößte Teil der Tiere mit der freien Wildbahn nicht zurecht kommt und auf die eine oder andere Weise stirbt. Rebhühner erwähnt er zwar nicht in diesem Artikel, aber wir dürfen getrost annehmen, dass für sie das Gleiche gelten muss, wie andere Studien bestätigen. Die neue Bestimmung im Tierschutzgesetz tritt voraussichtlich Mitte April 2017 in Kraft. Wir werden ab Juli sehr genau beobachten, was sich in jenen Revieren abspielt, in denen typischer Weise immer ausgesetzt wurde. Und wir werden jedes Aussetzen anzeigen und diese Anzeige mit den eigenen fachlichen Argumenten der Jägerschaft unterstützen, sie sozusagen mit ihren eigenen Waffen schlagen. Ich habe Hackländer noch nie sagen gehört, dass er das Aussetzen von gezüchteten Fasanen für eine Tierquälerei hält. Das Aussetzen der Nerze aus Pelzfarmen hat er zwar als solche bezeichnet, aber da ging es ja gegen den Tierschutz und da kommt ihm der Vorwurf der Tierquälerei viel leichter über die Lippen. Dass auch JägerInnen mit tradierten Jagdformen Tierquälerei begehen können, müssen wir nun aus seinen eigenen Schriften schließen, auch wenn er das aus Opportunismus vermutlich so nicht sagen wird.
Ein Gedanke zu “Wildbiologe und Jagdwirtschaftler Klaus Hackländer: Aussetzen von Fasanen, Enten und Hasen ist Tierquälerei”