25. April 2024

Das Heulen der Wölfe

 

Von Kindesbeinen an haben mich schon die Wölfe fasziniert. Wie leer und leblos ist ein nördlicher Wald ohne diese Tiere! Doch, so dachte ich, die Zeiten sind vorbei, die Wölfe sind ein für allemal ausgerottet. Wie sollten sie in einer so zivilisierten Natur, wie bei uns, schon überleben können?

Doch dann las ich – erst 2007! – das Buch „Bär, Luchs, Wolf“ von Roland Kalb und erfuhr zu meinem größten Erstaunen, dass in den Südkarpaten in Rumänien noch 2500 Wölfe leben sollen. Dabei sind die Südkarpaten von Wien gerade so weit entfernt wie Innsbruck, die Fläche dieses gesamten Gebirges entspricht nur dem Alpenanteil zwischen Schneeberg und Osttirol, und die Natur dort ist praktisch ebenso dicht besiedelt und ebenso genutzt, wie bei uns in Österreich. Nichts wie hin, dachte ich, und verbrachte noch im Herbst 2007 dort 4 Wochen im Zelt. Seitdem war ich weitere 4 Mal mit dem Zelt in den Südkarpaten unterwegs. Und es ist tatsächlich nicht zu fassen, aber dort leben wirklich noch so viele Wölfe, sogar Luchse, und insbesondere Bären, dass man ihnen begegnen kann.

Mein erstes Wolfsgeheul werde ich nie vergessen! 22 Uhr am Lagerfeuer mitten in den Südkarpaten auf 1200 m Seehöhe. Und in die Dunkelheit hinein heult zuerst ein Rudel in der Ferne, dann ein weiteres schon näher und zuletzt ein drittes Rudel ganz nah, man konnte die Welpen dazu japsen hören! Seitdem habe ich mehrmals wieder Wölfe dort gehört, ihre Spuren gesehen, ihren Kot, ihre Schlachtplätze, ihr Gewölle (die ausgespuckten Fellreste ihrer Opfer). Die Tiere selbst sind sehr scheu, jagen vermutlich hauptsächlich in der Nacht. Nur im Frühling, wenn die Bären noch schlafen, die Motorsägen noch ruhen und der Schnee noch die Berge tief bedeckt, wagen sich die Wölfe zur Jagd hinauf über die Baumgrenze, und man kann sie auch am Tag beobachten.

Hier ein guter Pfotenabdruck eines Wolfes. Er ist unheimlich groß. Der Kleinere daneben stammt von meinem Hund, den ich gebeten hatte, dazu zu treten, um einen Größenvergleich zu haben. Und mein Hund ist ein Schäferhund-Bracken Mischling (aus dem Tierheim). Diese Wölfe dürften weit über 50 kg Körpergewicht haben und jedem Hund in Rohkraft weit überlegen sein. Umso mehr fürchte ich mich jedes Mal, wenn mein Hund in dunkler Nacht bellend aus dem Zelt in den Wald schießt, weil er etwas gehört hat. Wie leicht könnte er einem Wolfsrudel zum Opfer fallen!

Hier ist ein Foto vom Kot eines Wolfs, soweit ich das beurteilen kann, und vom Gewölle. Letzteres fand sich in unmittelbarer Nähe, sonst könnte es auch von einem Greifvogel stammen. Dieser Kot und weitere Kothaufen ähnlicher Art fanden sich auf einem Schlachtplatz des Wolfsrudels. Dort war offenbar eine Kuh von den Caniden zerlegt worden. Im Kot von Wölfen fand ich immer wieder Knochenstücke und auch den Huf eines Rehs. Viele dieser „Reliquien“ habe ich noch und halte sie oft fasziniert in den Händen: dieser Knochensplitter war einmal tatsächlich im Körper eines wilden Wolfes!

Aber auch Wölfe sterben. Wir haben mehrmals Kieferreste von Tieren gefunden, die höchstwahrscheinlich Wölfe waren. Ich bin zu wenig biologisch geschult, um das entscheiden zu können, habe mich aber bei wissenschaftlicher Seite erkundigt. Dort bestätigte man meinen Verdacht.

An diesem Schlachtplatz fand sich auch eine mit großen Eckzähnen zerbissene Dose der Holzfäller, die hier arbeiten. Die Südkarpaten sind nämlich, entgegen falscher Ansichten hiesiger JägerInnen, in keiner Weise wilder, unbewohnter oder ungenutzter als die Alpen in Österreich. Auch in den Südkarpaten gibt es überall Forststraßen, Kahlschläge, Almhütten und, ja, auch Wanderwege und Berghütten. All das wäre für eine Wolfspopulation auch in Österreich kein Problem. Hierzulande verhindert nur das Reviersystem in der Jagd mit seiner Winterfütterung und Überhege, und die unerträgliche Schießwut der Jägerschaft, die selbständige Ansiedlung dieser Tiere. Regelmäßig werden Neuzugänge erschossen. Selbst ein Wölfchen am Hochwechsel wird zum Jagdkonkurrenten erklärt. Dabei, und ich wiederhole mich, leben in den Südkarpaten 2500 Wölfe auf einem Berggebiet der Fläche lediglich der östlichen Alpen Österreichs!

Was für eine Wildnis könnten wir hier etablieren und den Tieren bieten – wenn wir nur wollen!

PS: ein sehr interessanter Artikel zum Thema ist http://diepresse.com/home/spectrum/zeichenderzeit/1331873/Der-Wolf-und-die-Not-der-Jaeger

4 Gedanken zu “Das Heulen der Wölfe

  1. Die Jäger schießen seltene Tiere nicht weil diese “Konkurrenten” sind, sondern weil sie selbst noch wie Urmenschen denken. Sie halten Abschlachten mit überlegenen Waffen für Mut und sie sind blutrünstig. Würden sie sonst Trophäen sammeln?

  2. Hallo Martin,
    vielen Dank wieder mal für diesen schönen Bericht.
    Ich liebe Wölfe auch sehr und frage mich immer, wie man als Hundebesitzer und Hundeliebhaber Wölfe nicht lieben kann.
    In Deutschlan gibt es ja mittlerweile wieder Wölfe, doch leider sollen auch diese mal wieder den schießwütigen Grünröcken zum Opfer fallen.

    Ich wünsche dir noch einen wunderschönen Winter mit deinem Hund!
    Dani

    Ich liebe Österreich eigentlich sehr, habe ein paar wunderschöne Sommer meiner Kindheit dort verbracht. Durch deine Berichte und den Tierrechtsprozess hat die Liebe und die wunderschöne Erinnerung ein paar Risse bekommen. Trotzdem werde ich dieses Jahr wieder österreichischen Boden betreten und Wien besuchen. Hast du ein paar Tipps für mich? Was muss ich sehen, gute vegane Restaurants? Danke!

  3. Ja, und angeblich wird ja nur Wild tot geschossen, weil es keine Raubtiere mehr gibt. Da die Totschiesser aber sehr wahrscheinlich das Wild selbst verzehren, haben diese auch ein wirtschaftliches Interesse, dass es weder Wölfe und Bären gibt. Was willst machen, wenn selbst in Regierungen Totschiesser sitzen, die wohl kaum gegen sich selbst entscheiden. Und es gibt ja immer Argumente, seien sie noch so blöd.

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