Im Wissenschaftsmagazin New Scientist wurde vor einigen Monaten eine Studie über die Bevölkerungsdichte in Europa in der Steinzeit vorgestellt. 400 Ausgrabungen hat man analysiert. Über die Zeitperiode zwischen vor 40.000 und 33.000 Jahren soll es demnach zwischen Spanien und Polen im Mittel etwa 35 Gruppen von Homo Sapiens zu je 42 Individuen gegeben haben. Insgesamt also 1500 Menschen in einer Region, in der heute mehrere 100 Millionen Menschen leben. Wie frei man damals atmen konnte! Unvorstellbar, irgendwie, so eine geringe Bevölkerungsdichte. Wir haben das Pech, in einer Zeit zu leben, in der die höchste Bevölkerungsdichte aller Zeiten herrscht. Mit all ihren immensen Problemen.
Das New Scientist vermeldet auch, dass 28 % der Menschen in England regelmäßig Antidepressiva nehmen, also Medikamente gegen Depression. Diese Krankheit ist laut WHO die größte medizinische Bedrohung der Menschheit. Könnte das an der Überbevölkerung liegen? Daran, dass wir von der Natur immer mehr entfremden? Dass kaum noch Menschen Kontakt zur Natur haben? Und sich bei vielen der “Kontakt” darauf beschränkt, die Natur brutal zu nutzen: Tiere aus Trophäengeilheit abzuknallen, alte Mischwälder abzuholzen und zu Fichtenmonokulturen umzufunktionieren, alles zu mähen, mit Almen zu überziehen, überallhin Straßen zu bauen, den Boden zuzubetonieren. Der klassische konventionelle Jäger ist ein Nutzer ohne jeden Bezug zu unberührter Natur. Sieht er ein Tier, dann gleicht er sofort im Hirn die Verordnung zu den Schusszeiten mit dem momentanen Datum ab. Wie anders erklärt sich, dass immer noch auf Auerhähne, Birkhähne und Schnepfen geschossen wird, dass immer noch Fasane, Rebhühner und Stockenten zum massenhaften Abschuss ausgesetzt werden, dass immer noch gefüttert wird, bis der Wald krepiert, Hauptsache man hat super Trophäenträger.
Im New Scientist findet sich auch an anderer Stelle indirekt eine Erklärung für die grassierende Depression. Auf den Shetland Inseln wurden in einem Versuch Menschen mit psychischen und physischen Erkrankungen Geräusche und Gerüche von Seevögelkolonien vorgespielt, es wurde ihnen Bewegung im Wald und der Anblick von Wolken geboten. Das hatte einen merkbaren Effekt auf die Genesung. In Neuseeland ein ähnlicher Versuch. Nach 8 Monaten waren dort zwei Drittel der Patient_innen aktiver und gesünder. Aktivität in der freien Natur hat sich insbesondere als erfolgreiche Behandlung bei milder und moderater Depression herausgestellt. Menschen, die naturnäher leben, sind bzgl. dem Herz-Kreislauf System gesünder, haben weniger Stress und weniger Typ 2 Diabetes. Für dieses Ergebnis wurde bzgl. sozioökonomischem Status korrigiert. Je biodiverser und vom Menschen unberührter die Natur, desto stärker zeigte sich der Effekt. Dafür würden laut New Scientist das Sonnenlicht, die Bewegung und der Abstand von Problemen nicht als Erklärung reichen. Insbesondere konnte nachgewiesen werden, dass sich in unberührter Natur der Herzschlag verlangsamt, die Atmung vertieft, der empfundene Stress zurückgeht und sich das Immunsystem stärkt. Schon der Geruch von Wald erzeuge einen messbar positiven Effekt, ebenso wie Waldgeräusche allein.
Ich weiß, dass ich ohne meine 100 Tage pro Jahr im Wald und in den Bergen schon längst ein Burn out hätte und psychisch zugrunde gegangen wäre. Der einzige Grund für mich, aus dem Wald immer wieder in die Stadt zu kommen, ist das Verantwortungsgefühl, zum Schutz der Natur, der Tiere und der politisch Schwachen beitragen zu müssen.