19. März 2024

Frageverbot für Angeklagte

Es ist sogar ein Menschenrecht: jedeR Angeklagte hat das Recht auf ein faires Verfahren, zu dem das volle Fragerecht an die ZeugInnen gehört. Natürlich steht das auch in der Strafprozessordnung so. Das ist die Theorie. Die Praxis in Wr. Neustadt beim Tierschutzprozess schaut anders aus.

Wie mir am 21. Mai 2008 maskierte und bewaffnete WEGA-Beamte in der Nacht die Wohnungstür eingeschlagen und mich nackt aus dem Bett geholt haben, wurde mir nicht gesagt warum. Ich saß dann in Polizeigewahrsam und 105 Tage im Gefängnis in U-Haft, und niemand konnte mir sagen warum. Deswegen war ich 39 Tage im Hungerstreik. Natürlich gabs einen Formalgrund: ich sei verdächtig, Mitglied einer kriminellen Organisation zu sein. Aber warum konnte mir niemand sagen.

Dann das Warten auf den Abschlussbericht. Anfang 2009 finde ich ihn in der Post. Lauter Behauptungen, ich hätte z.B. die Infrastruktur unseres Vereins einer kriminellen Organisation zur Verfügung gestellt oder ich hätte unsere Filme in Legebatterien und Pelzfarmen für eine kriminelle Organisation gedreht oder wir hätten mit unseren Tierrechtskongressen eine kriminelle Organisation gefördert, aber nirgends stand WARUM man das behauptet.

Im August 2009 kam der Strafantrag. Dieselben Behauptungen, noch immer keine Begründung.

Anfang März 2010 begann der Prozess. Ich dachte, was auch sonst immer passieren mag, wenigsten werde ich jetzt erfahren, was man mir eigentlich konkret vorwirft. Doch auch hier wurde ich eines Besseren belehrt.

Die SOKO-Mitglieder, die bisher vernommen wurden, sagten mehr oder weniger alle dasselbe: entweder, sie können sich nicht mehr erinnern, oder, sie verweisen auf den Akt. Nur, da steht nicht warum und da stand es nie.

Also versuche ich das Fragerecht, das ja ein Menschenrecht ist, in meinem Prozess zu nutzen. Ich frage, warum glauben Sie, dass es hier eine kriminelle Organisation gibt und dass ich ein Mitglied bin? Am heutigen Prozesstag ist es eskaliert. Die Richterin will bei allen PolizeizeugInnen um jeden Preis verhindern, dass bei deren Befragungen Peinlichkeiten herauskommen. Sie verhindert Fragen, die Widersprüche und Übertreibungen, aber auch waschechte Dokumentenfälschungen und Lügen der Polizei aufzeigen würden. Das wichtigste ist ihr scheinbar in diesem Prozess, die Ehre der Polizei und der Justiz zu retten, koste es was es wolle.

Der operative SOKO-Leiter war heute im Zeugenstand. Er hat behauptet, die SOKO habe uns nur deshalb keine Straftaten nachweisen können, weil wir so „professionell“ vorgegangen seien. Von Unschuldsvermutung – die auch ein Menschenrecht ist – hat er offenbar noch nichts gehört. Eine echte Verleumdung. Würde ich soetwas über die Polizei behaupten, wäre ich schon angeklagt. Dann bekomme ich das Fragerecht. Ich hatte zahlreiche Fragen vorbereitet, ich hätte sogar explizit nachweisen können, dass genau dieser SOKO-Leiter die Untersuchungsrichterin belogen hatte, damit sie U-Haft ausspricht. Doch dazu sollte es nicht kommen. Ich stelle meine erste, gut begründete Frage. Die Richterin sagt, sie verbietet diese Frage. Ich beantrage, dass die Frage zugelassen werden soll und begründe das ruhig und rational. Da sagt die Richterin, sie nimmt mir das Fragerecht und verbietet mir und allen anderen Angeklagten den SOKO-Leiter auch nur eine einzige weitere Frage zu stellen!

Ein anderer Angeklagter stellt einen Antrag, die Richterin verweist ihn des Gerichtssaals. Er bleibt aus Protest sitzen. Die Polizei kommt herein und trägt ihn hinaus! So geschehen am 28. Juli 2010 im Landesgericht Wr. Neustadt.

Dieser Prozess ist nicht nur skurril, er ist ein echter demokratiepolitischer Alptraum!!!

6 Gedanken zu “Frageverbot für Angeklagte

  1. Eine Farce par excellence, ja. Aber 90 Prozent aller Strafverfahren in Ö laufen genau nach diesem Muster ab. Deshalb agiert die Richterin auch so routiniert und selbstverständlich. Sie macht es immer so. Das Urteil steht in Ö in der Regel vor Beginn der Verhandlung fest, und während der Verhandlung arbeiten StA und RichterIn Hand in Hand auf dieses Ziel, die Verurteilung, hin.

  2. …….ich überlege, die Richterin, den SOKO-Leiter, und einige andere…….nach §278a anzuklagen……
    (wär´lustig, wenn´s nicht so traurig wär)

  3. Was ist Gegenstand der Verhandlung und was nicht?
    Die Bildung einer kriminellen Organisation nach §278a scheint belegt werden zu können, indem Seiten angefüllt werden mit Anschuldigungen und Behauptungen, die oft nicht mal einer oberflächlichen Betrachtung standhalten. Wenn das als Gegenstand angenommen wird, und auch ständig auf einen 100.000seitigen Akt verwiesen werden kann, der nicht in Frage gestellt werden darf, dann ist das kein Verfahren und schon gar keine Verhandlung, sondern ein Schauspiel und eine Genugtuung für die von Konsumenten mit der industriellen Ausbeutung von Tieren beauftragten Menschen. Der Mensch ist nicht der Feind, sondern der Irrglaube, etwas mit Sicherheit zu wissen, die wahren Feinde sind Unwissenheit (über die eigene Unwissenheit), Gier und Hass.

    Was ist eine relevante Frage und was ist irrelevant?
    Solange es harmlos bleibt und nicht an die Essenz, an die Wurzel, an den Akt geht, dann ist es relevant für das Gericht und damit erlaubt. Wenn es um Hinterfragen, um Hintergründe, um Interpretation, um Offenlegung der (familiären, politischen, wirtschaftlichen) Strukturen geht, um Schlussfolgerungen, dann wird das für irrelevant erachtet, als nicht nachvollziehbar gebrandmarkt, als nicht zielführend disqualifiziert. Doch was wird tatsächlich disqualifiziert: die Richterin. Sie disqualifiziert sich selbst. Und niemand ist da, um ihr das zu verklickern. Weil die Öffentlichkeit draußen bleibt, um versteuertes Geld zu verdienen, um den nächsten Lauschangriff zu finanzieren, damit die Schlinge sich noch fester zuzieht. Erst wenn wir keine Luft mehr kriegen, stehen die Menschen auf, und manche tun es nicht einmal dann.

    Was sind Wahrnehmungen, Schlüsse, Vermutungen des Zeugen?
    Die Zeugen haben mit ihren Aussagen die Situation mit geschaffen, wie sie jetzt ist. Doch vor Gericht dürfen sie sich nicht selbst belasten. Sie müssen nicht antworten, wenn sie etwas belasten könnte. Und weil alle unter einer Decke stecken und sich gegenseitig decken, sich nicht gegenseitig in Schwierigkeiten bringen wollen, verweisen sie auf den Akt voller Hirngespinste und frappanter Lügenkonstrukte. Im Saal der Ungerechtigkeit wirkt die Schutzherrschaft der Richterin wie ein immunisierendes Schild des Nicht-Beantworten-Müssens. Im Zweifelsfall erinnere ich mich nicht oder ich verweise auf den Akt. Befangen in hierarchischen Strukturen passt sich auch das Denken an: wie könnte ich mir anders vorstellen als dass auch andere Menschen in Organisationen Leiter, Führer, Oberste Leader brauchen, die was managen und anderen sagen, was wie zu tun ist? Befehlshierarchien verschmutzen die Gedankengänge der Polizeibeamten, also vermuten Polizeibeamte auch in kriminellen Organisationen Befehlshierarchien, Leiter usw. Die Richterin bittet den Zeugen, nur die eigenen Wahrnehmungen kundzutun. Daraufhin die Frage der Verteidigung an den Zeugen: “Kennen Sie ALW-Animal Liberation Workshop?” – Zeuge: “Ich verweise auf den Akt.” Macht null Sinn, wird aber gestützt durchs Gericht: “Der Zeuge hat die Frage beantwortet.”

    Die Devise lautet unterdrücken, nichtzulassen, wenn etwas Relevantes gefragt wird, wenn Beweggründe und logische Beweisführungen verlangt werden. Die Devise lautet nicht denken. Denken ist im Saal der Ungerechtigkeit nicht erlaubt.

    “Ich kann nicht… Es ist nicht nachvollziehbar für das Hohe Gericht (=das kleine ich), warum Sie sich nicht zurücklehnen, wenn doch nichts an der Sache dran ist?” Wie lässt sich ein Kampf gegen das Innenministerium gewinnen, wie lässt er sich überhaupt glaubhaft bestreiten, wenn der Gegner zugleich der Schiedsrichter ist, ein einerseits apodiktisches Schiedsrichtergesicht, beeinflusst durch medialen Druck (“ich habe die ZIB2 gesehen und bin nicht einverstanden, dass die Justiz für die Verfahrensverzögerung verantwortlich gemacht wird”) und durch industrielle Interessen.

    Die Richterin erscheint bisweilen hilflos, verunsichert (“was ist da bitte jetzt so lustig?”) Der Unmut und das Lachen in den Reihen entsteht durch ihr Verhalten, doch sie sieht es nicht. Sie täuscht sich selbst und hält fest an fixen Phrasen der Rechtssprechung. Jede Unsicherheit, die sie selbst empfindet, überträgt sie auf das Vorgehen der Verteidigung und unterstellt dieser, die StPO nicht zu kennen. Ihr Pochen auf Autoritätshörigkeit, auf Mundverbieten, Ins-Wort-Fallen, Disrespect, “Es-Ist-So”-Phrasen, Oberlehrerverhalten mit eingefahrenem Reflex: Ich=Das Gericht, Kontrolle bewahren, Ordnung schaffen, all diese Rahmenbedingungen ermüden nicht die Richterin selbst, körperlich wie auch mental. Jeglicher Widerspruch wird als Störung gewertet und als Missachtung des Gerichts. Die Schreiberinnen sind heillos überfordert und der Sache im Grunde bereits überdrüssig. Die SOKO-Beamten haben schon wieder die Hälfte vergessen, weiß der Geier was da war 1997, äh.. 2007. Die Verteidigung oft ratlos angesichts der forschen Zurechtweisung, hat bis jetzt keine adäquate Antwort drauf gefunden, um den Scheuklappen der Richterin zu begegnen. Und die Beklagenswerten müssen die Suppe auslöffeln. So skurril, dass ich mich fühle wie Alice im Wunderland in ihrer Fragestunde mit der Königin ihrer Vorstellungskraft. Eine Autoritätsperson, die den Mund verbietet, ins Wort fällt, sich oberlehrerhaft verhält und ihr eigenes Verzögern des Prozesses anderen auf die Schultern lädt.

    Solange die Richterin ihre Werteskala nicht verändert und weiterhin nichts in Frage stellt, was im Akt steht, zugleich aber allzu bereit ist, alles in Frage zu stellen, was die Verteidigung an Fragen hat, wird sich am Verlauf, damit meine ich die Richtung, die Tendenz der “Verhandlung” überhaupt nichts ändern.

    Der Clou steckt scheinbar darin, dass die Erinnerungslücken der SOKO-Zeugen gleichbedeutend sind mit dem Verwischen des Geschehenen bzw. Nicht-Geschehenen. Fragen, die Unklarheiten aufdecken könnten, werden nicht zugelassen. Dadurch bleibt das Vergehen schleierhaft, die Untersuchungsbeamten bleiben immun gegen jeglichen Verdacht, Fehler gemacht zu haben. Ihnen kann einfach nichts nachgewiesen werden. Warum funktioniert diese Verhandlung – die keine ist – auf diese Weise?Warum lässt sie Fragen nicht zu? Weil sie keinen Überblick hat, was relevant ist und was nicht. All das, was also nicht ins Konzept ihrer vorgefertigten Einstellung passt, wird negiert, wird geleugnet, und wem das nicht passt, der wird abgemahnt und vom Tatort entfernt. Und das kann ich getrost sagen: Dieser Gerichtssaal ist ein Tatort, der Menschen aussaugt. afoch org. Eine Frau verließ den Saal ja mit den Worten, das sei nicht länger anzusehen, was da für eine Show abgezogen wird.

    Eine Farce par excellence.

  4. Der Begriff: “Rechtsstaat” ist in einem Land, in dem solche Verfolgungen und Prozessabläufe geduldet werden, ein Hohn. Grundrechte werden willkürlich gebrochen und jene, die diese Verbrechen begehen, müssen sich vor niemandem dafür verantworten.

    In diesem Verfahren geht es wahrlich nicht um Schuld oder Unschuld der Angeklagten oder gar um die Frage, was tatsächlich passiert ist, sondern unmissverständlich allein um die möglichst weitreichende Vernichtung der Angeklagten.

    Niemand von den vielen Leuten, die diese Machenschaften selbst jetzt noch unterstützen, kann ein reines Gewissen bewahren. Sie alle müssen in Anbetracht dieser nicht nur rechtswidrigen, sondern auch noch asozialen Ungeheuerlichkeiten begreifen, dass sie höchst persönlich aktiv Unrecht und Unterdrückung fördern. Sie haben nicht mehr die Möglichkeit sich und anderen später einzureden sie hätten nicht begriffen, welches Treiben sie mit Ihrer Unterstützung ermöglicht haben.

    Sie können nur hoffen selbst niemals solchen Leuten ausgeliefert zu sein, wie sie selbst sind. Richterin Arleth hätte sich selbst bestimmt innerhalb weniger Minuten vernichtet.

    Die Disziplin und das Durchhaltevermögen der Angeklagten ist bewundernswert. Sie lassen sich nicht wie die Richterin zu Verunglimpfungen und unsachlichen Schmähreden hin reissen obwohl sie es sind, deren Existenzen durch die grenzenlos scheinende Unredlichkeit der Richterin und ihrer mächtigen Clique bedroht sind.

    Auch wenn der Prozess wegen dem blinden Um-sich-schlagen der Ausbeutungsmaschinerie schmerzhaft ist: Die Zeit der unantastbaren Macht der Missbrauchenden geht unausweichlich auf Ihr Ende zu. Sie wollen es nur noch nicht wahr haben und schlagen in ihrer tobenden Rage alles kurz und klein, was sie fassen können. Dies ist das letzte Aufbäumen vor dem unausweichlichen Untergang.

    Kooperation und Anteilnahme sind trotz der bestehenden Machtkonzentration letztlich stärker und beständiger als jede Gewalt.

    Erinnern wir uns an Gandhi!:

    “Zuerst ignorieren sie Dich,
    danach lachen sie über Dich,
    später bekämpfen Sie Dich –
    und dann hast Du gewonnen.”

    Es geht also bereits dem Ende zu.

    Arleth ist in ihrem offensichtlich äußerst beschränkten Vorstellungsvermögen eine bedauernswerte Kreatur, denn sie sieht offenbar überall Bedrohungen und Feindseligkeit. Es wird ihr nicht bewusst, dass sie es ist, die diese Angst in die Welt trägt indem sie anderen unterstellt, wozu sie selbst bereit ist.

    Nur ein Schuft, sieht überall Schufte.

  5. HERGOTT NOCH MAL!!!!!

    Das kann doch alles nicht wahr sein!!

    Wo sind eure Anwälte???? Wieso gehen die (mit möglichst vielen Kollegen) nicht an die Öffentlichkeit????

    Können die nicht Prozessbeobachter aus dem Ausland nach Wien bringen?? OSZE, EU-Gerichtshof, weiß der Teufel was!

    Was ist mit den Sitzungs-Protokollen? Gibts die irgendwo zum einsehen??

    Jan (dem schön langsam der Kragen platzt)

  6. ich finde es skandalös, was im prozess gegen m.balluch et al. passiert.
    falls es zu verurteilungen ohne jegliche beweise kommen sollte (was ich nicht hoffe), wird die weltpresse dieses unrechtsystem journalistisch sezieren.

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