19. Dezember 2024

Gespräch mit Minister Töchterle über ein neues Tierversuchsgesetz

Am 10. Juli 2012 empfing Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle die Kronenzeitungsjournalistin Maggie Entenfellner und mich, um über den Entwurf zum neuen Tierversuchsgesetz zu diskutieren. Es ging dabei einerseits um eine harte Kritik an dem Umstand, dass dieser Entwurf die EU-Richtlinie nur auf dem allerniedrigsten Tierschutzniveau umsetzen will, und andererseits um die Frage, ob das neue Tierversuchsgesetz ein strenges Genehmigungsverfahren für alle Versuchsvorhaben vorsehen kann, bei dem Tierschutz gegen die Freiheit der Wissenschaft abgewogen wird.

Konkret schwebt mir eine gesetzliche Verankerung des Genehmigungsverfahrens auf 4 Säulen vor:

  • Objektivität

Das Gesetz muss einen Fragenkatalog vorsehen, der dann in einer Verordnung festgelegt wird, nach dem jeder Antrag auf eine Tierversuchsgenehmigung zu prüfen ist, wie das in der Schweiz bereits existiert. Jedem Aspekt des Tierleids (Schwere des Leids, Anzahl und Art der betroffenen Tiere, Länge des Leidens etc.) werden negative Punkte zugeordnet, jedem Aspekt des Nutzens für Menschen (wie wichtig wäre das Versuchsziel für die Heilung von Menschen, wie relevant die betreffende Krankheit, wie wahrscheinlich der Erfolg des Versuchs, wie effektiv war die gleiche Versuchsanordnung in der Vergangenheit etc.) positive. Ist die Summe zuletzt positiv, kann der Versuch durchgeführt werden, ist sie negativ, wird er untersagt. Auf diese Weise würde objektiv zwischen dem Schaden für die Tiere und dem Nutzen für die Menschen abgewogen werden. Bisher wurden alle Tierversuche erlaubt, sofern sie so human wie möglich durchgeführt werden. Ab jetzt sollen manche Versuche vollständig verboten sein, wenn ihr Nutzen für den Menschen den Schaden für die Tiere nicht aufwiegt.

  • Öffentlichkeit

Ausnahmslos alle Tierversuche sollen in Form von nichttechnischen Zusammenfassungen auf einer eigenen Internetseite veröffentlicht werden, damit die Bevölkerung weiß, welche Tierversuche in ihrem Namen und mit ihren Steuergeldern finanziert stattfinden.

  • Rückblickende Bewertung

Ausnahmslos alle Tierversuche sollen einer rückblickenden Bewertung 2 Jahre nach Beginn des Versuchs unterworfen werden, in der die Aussagen zum Versuchsantrag mit dem tatsächlichen Geschehen verglichen werden. Das Ergebnis dieser Bewertung soll ebenfalls auf obiger Webseite veröffentlicht werden und gegebenenfalls zu einer Readjustierung des Fragenkatalogs führen.

  • Oberkontrolle durch Tieranwaltschaft

Analog zur Tierschutzombudsschaft im Tierschutzgesetz soll es eine Versuchstierombudsschaft geben, die in allen Tierversuchs-Genehmigungsverfahren und allen Verwaltungsstrafverfahren nach dem Tierversuchsgesetz Parteienstellung hat und zur Not gegen Entscheidungen berufen kann, sowie die Oberaufsicht über die jährlichen Kontrollen der Tierversuchseinrichtungen durchführt. Alle 2 Jahre soll sie einen Bericht über den Stand der Genehmigungs- und Kontrollpraxis bei Tierversuchen veröffentlichen.

Minister Töchterle meinte, es bestehe seinerseits die Bereitschaft, diese Vorschläge umzusetzen. Allerdings müssten die Interessen der Wissenschaft und die Vorgaben der EU-Harmonisierung berücksichtigt sein. Es wurde mir in Aussicht gestellt, nach Ende des Begutachtungsverfahrens noch einmal vorsprechen zu dürfen.

In der Kronenzeitung erschien heute bereits auf Seite 11 unter dem Titel „Kampf gegen Tierversuche“ ein Vorartikel von Mark Perry. Morgen Donnerstag soll der Hauptartikel von Maggie Entenfellner dazu publiziert werden.

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