Also mein Hund ist nicht mir davongelaufen, er liegt gerade hier auf dem Sofa und schläft in aller Zufriedenheit. Aber ich war die letzten Tag in Berlin und hatte meinen Hund in Wien bei Freunden gelassen, da ich ihm die lange Reise und die Hektik beim Filmfestival nicht zumuten wollte. Und an dem Tag, an dem ich zurückkommen sollte, erreichte mich die Nachricht: mein Hund ist davon gelaufen!
So furchtbar das auf den ersten Blick klingt, so sehr habe ich doch Vertrauen zu ihm und zu seiner Fähigkeit, selbständig gut zurecht zu kommen, biete ich ihm doch viel Autonomie. Er ist durchaus in der Lage, auch in der Stadt seinen Weg zu finden, ohne von Autos überfahren zu werden. Und so ist die ganze Sache gut ausgegangen.
Eine Person ist mit ihm am Vormittag spazieren gegangen, in einem Wohngebiet ohne Leine. Wie es so seine Art ist, lief er offenbar durch ein Loch im Zaun in einen Garten der Wohnhausanlage hinein – und an anderer Stelle wieder heraus. Die Person, die auf ihn aufpassen sollte, begann ihn zu suchen und den Garten bzw. die gesamte Wohnhausanlage zu umrunden. Und wie ich meinen Hund kenne, kam er irgendwo aus dem Garten heraus und suchte seinerseits die Aufpassperson, womöglich an einer Stelle, an der er vorausberechnet hatte, dass sie sein müsste. Aber dort war sie nicht oder nicht mehr. Und so ging er offenbar nach Hause. Allerdings, und das ist auch sehr bemerkenswert, nicht in irgendeinem Sinne zu mir, sondern dorthin, wo er die letzten Tage verbracht hatte.
Er hat allem Anschein nach dieses Haus tatsächlich gefunden und dann einfach vor der Haustüre laut zu bellen begonnen. Auch das halte ich für eine beeindruckend intelligente Idee. Die Wohnungsnachbarin öffnete daraufhin die Tür und mein Hund lief nach ihren Angaben anstandslos in die fremde Wohnung hinein und legte sich in die Küche. Dann rief diese Frau meine Freunde an, um ihnen von dem Vorfall zu erzählen. Diese waren zum Zeitpunkt des Anrufs noch dabei, meinen Hund zu suchen. Man kann sich ihre Erleichterung vorstellen!
So nahm das ganze also doch noch ein sehr gutes Ende. Nicht zuletzt deswegen, weil mein Hund in der Lage ist, ohne ankonditionierte Reize, wie „geh!“, „sitz!“ oder „steh!“, bzw. eine Leine auch im Straßenverkehr einer Stadt gefahrlos vorwärts zu kommen. Und er hat die beeindruckende Fähigkeit, räumlich immer sehr genau zu wissen, wo er ist, unter Umständen auch, wenn er eine gewisse Strecke mit dem Auto gefahren wurde. Und nicht zuletzt hatte er die brillante Idee, die Nachbarin heraus zu bellen und bei ihr zu warten.
Alles in allem bin ich auf meinen Hund richtig stolz!
Sie denken mir einfach zu schwarz-weiß. Sie tun ja gerade so als würde man Hunde tatsächlich zu dummen Robotern “konditioniern” nur weil mal ihnen “Sitz” beibringt. Ein Hund kann auf bestimmte Wörter ein Verhalten zeigen und ist trotzdem noch in der Lage autonom zu handeln und zu denken! Weil er das Wort verstanden hat! Weil Konditionierung und Lernen durch Verstehen sich nicht gegenseitig ausschließen! Oder warum denken Sie rufen so viele Mensch 100 mal sitz und kein Hund weit und breit setzt sich hin. Weil die Hunde zwar verstanden haben was Mensch von ihnen will, aber einfach keine Lust dazu haben!
Das ist eine tolle Geschichte, die Sie hier erzählen, aber was genau war Ihr Beitrag dazu? Einfach nur NICHT zu konditionieren. Also möglichst alle zufälligen Verknüpfungen vermeiden und keinerlei Reaktion auf jegliches Verhalten ihres Hundes zu zeigen? Wie soll das möglich sein?
Ich halte Ihre Art und Weise, die Dinge hier in ihrem Blog nur einseitig zu beleuchten für wesentlich manipulativer als seinem Hund “sitz” beizubringen.
Bin begeistert, was Martin Balluch alles zustande gebracht hat. ein Vorbild und hoffentlich hat er noch lange ausreichend Kraft sich für die Tiere einzusetzen. ich versuche, mit allen mir möglichen Mitteln seine Arbeit zu unterstützen. Sowohl finanziell als auch ideell. Danke für diese wertvolle und großartige Arbeit!!
Was für ein Titel! “schreck* 🙂
Bezaubernd schöner Bericht mit Happy End!
Normalerweise geht ein Hund an die Stelle an der er seinen Menschen verloren hat. Er geht nicht dorthin wo er “erwartet” dass der Mensch hinkommen wird. Ich konnte schon öfter beobachten dass ein Hund an einer Stelle hin und hergelaufen ist, auf der Suche nach seinem Menschen, während sein Mensch suchend durch den Wald rannte. Aber Hunde sind verschieden. Meiner rannte laut heulend durch den Wald in den wir jeden Tag gehen und suchte mich, als wir einander verloren hatten, obwohl er sehr wohl nach Hause hätte finden können.
Dass ein Hund zu fremden Leuten nach Hause läuft ist schon etwas ungewöhnlich. Es sei denn er kennt sie gut.
So nebenbei: Grüße an die Polizei; füttern sie meine Akte, mich stört das nicht. Aber interessieren würde mich schon was für ein Scheiß da drinnen steht. 🙂
einfach schön
🙂 Erstaunlich! Gut gemacht! 🙂
Ich kann mir eure Freude und Erleichterung vorstellen und die Bewunderung für den Hund.
Ich habe einmal meinen Kater wochenlang jede Nacht gesucht und währenddessen habe ich mir, entgegen düsterer, spontaner Prophezeihungen anderer, immer wieder gesagt, das Katerle ist geschickt, er weiß, was zu tun ist und siehe da, eines Tages, kurz nachdem ich nach langer Zeit die Hoffnung aufgegeben hatte, saß der Kater wie bestellt am Straßenrand und schaute mir entgegen. Die Freude war groß!
Beneidenswert!
@Kurt
Ich finde das Thema der Unterdrückung durch Sprache schon sehr interessant und habe lange darüber nachgedacht. In meinem Buch “Kontinuität …” findet sich einiges dazu. Daher kurz meine Rechtfertigung:
– Ich denke das Wort “mein” kann einen Besitzanspruch zeigen, aber kann eben auch heißen, “in mein Herz geschlossen”. Ich habe daher für mich beschlossen, dass das ok ist. Ich würde mich aber niemals als Besitzer meines Hundes bezeichnen.
– Ich halte das Internet und Facebook für sehr Überwachungs-gefährdet. Die Polizei liest hier alles mit und füttert damit ihre Akten. Daher möchte ich hier so wenig wie möglich Persönliches von mir geben und schon gar nicht konkret und wiedererkennbar von anderen Wesen sprechen. Diesen Grundsatz versuche ich durchzuhalten, auch wenn das nicht immer geht. Also nenne ich weder meine oben genannten Freunde noch meinen Hund beim Namen und werde auch nicht sagen, in welcher Stadt oder in welchem Bundesland ich wohne.
– Davonlaufen bezieht sich darauf, aus der Obhut einer Person, die diese Verantwortung übertragen bekam, zu entziehen. Ist ein bisschen schwierig, das gebe ich zu, aber in kurzen verständlichen Worten diesen Inhalt zu verbreiten ist anders nicht möglich. Ich habe für diesen Blog beschlossen, eher allgemeinverständlich als tierrechtspolitisch völlig korrekt zu schreiben, die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit hat da für mich höhere Priorität momentan.
Manche werden das jetzt vielleicht als extrem empfinden, aber ich bin halt nun einmal ein kritischer Mensch 🙂
Die Verwendung von “mein” in Verbindung mit Lebewesen finde ich oft störend (“meine Frau”, “mein Kind”, “mein Hund”). Ich weiß schon, dass sich das Possessivpronomen nicht leicht vermeiden läßt und damit auch nicht unbedingt ein Besitz zum Ausdruck gebracht wird. Aber es hat doch einen gewissen “Geschmack”, vor allem bei gehäufter Verwendung.
Hat der Hund einen Namen? “Bello” klingt doch auch gleich viel “autonomer” als “mein Hund”.
Und “davongelaufen” …? “Bello erkundet die Welt!” entspräche dem Autonomiegedanken sicher eher als “Mein Hund ist davongelaufen!”
Zum Ausflug – Hunde scheinen das echt zu können, dass sie trotz Autofahrt heimfinden.
Ich hatte in meiner Kindheit einen Hundefreund der auch mal sicher 30 KM zu mir nach Hause gelaufen ist trotz vorheriger Autofahrt.
Ich beneide jedenfalls jeden Hund um seine Orientierungsfähigkeit – ich schaffs nicht mal den selben Weg zurück zu finden von dem ich hergekommen bin 😉
Lieber Herr Balluch!
Ihr Hund ist sehr gescheit und so erzogen wie man früher eben Hunde erzogen hat und wie ein Hund, wenn er Glück hat, noch heute am Land aufwachsen kann. Ich hatte vor fast 40 Jahren einen Rauhaardackel der so aufwuchs, spazieren ging und einen Hundefreund dazu abholte, Katzen über alles liebte, auf Autos aufpasste etc… Ich wohne seit jeher in der Grossfeldsiedlung die früher war, wie man heute noch am Land leben kann. Wenn ich heute einen Hund hier freilaufen lasse werde ich angepöbelt, oder wenn er mal ausbüxt steht die Polizei vor der Tür, usw. Daher finde ich es wichtig, dass Hundebesitzer eine Hundeschule besuchen, da die meisten keine Ahnung haben wie man einen Hund haltet. Ich selber besitze 2 alte Hunde die schlechte Erfahrungen in ihrer Kindheit gemacht haben. Zu ihrem Hund kann ich Ihnen nur gratulieren und weiter viel Freude mit ihm wünschen.
Herzliche Grüsse
Monika Hanke
Finde ich super, wie das Dein Hund gemacht hat 🙂
Pfff… jetzt ist mir das Herz in die Hose gerutscht, bei diesem Titel.
Bin ich froh, dass der Ausflug gut ausgegangen ist.
coole Sache!!