28. März 2024

Meine Aussage heute im BVT-Untersuchungsausschuss zur Tierschutzcausa

Nachdem die Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vom Gericht für rechtswidrig erklärt worden waren, wurde ein Untersuchungsausschuss im Parlament eingerichtet, um die politischen Hintergründe des Vorgangs zu beleuchten. Der Vorwurf stand im Raum, dass die FPÖ mit dieser Hausdurchsuchung die bestehenden ÖVP-nahen Strukturen im BVT zerschlagen und eigene blaue Strukturen aufbauen wollte. Diesbezüglich ist auch von Interesse festzustellen, ob das BVT bisher der ÖVP zugearbeitet und von ihr politisch motivierte Aufträge übernommen hat. Deshalb ist jetzt auch die Tierschutzcausa ein Thema. Sie war ganz offensichtlich politisch motiviert und die ÖVP ist immer die direkte politische Gegnerin des Tierschutzes gewesen. Möglich also, dass die ÖVP den BVT in Stellung gebracht hatte, um den Tierschutzaktivismus und da insbesondere den VGT zu zerschlagen.

Heute bin ich als Auskunftsperson vor diesen Unterausschuss geladen worden. Bevor meine Befragung begann, hatte ich die Möglichkeit, eine eigene Stellungnahme abzugeben. Das tat ich ausgiebig:

Ich bin seit 2002 Obmann des VGT und als Leiter für die zentralen Fokuskampagnen des Vereins angestellt. Diese Kampagnen waren:

2002-2004: Legebatterien und Bundestierschutzgesetz. Diese Kampagne richtete sich schwerpunktmäßig gegen die ÖVP, weil sie in der Regierung war und sich als einzige Partei für Legebatterien aussprach. 2002 wurde die Bundeszentrale der ÖVP besetzt, 2003 eine Reihe von Landeszentralen. 2004 wurden die Landtagswahlen in Salzburg und Kärnten genutzt, um den Slogan zu verbreiten: wer ÖVP wählt, wählt Legebatterien und Tierqual. Die ÖVP verlor die Position des Landeshauptmanns in Salzburg. In Kärnten schlug der Agrarsprecher der ÖVP, Robert Lutschounig, mir mit der Faust ins Gesicht und zerriss mein Transparent, als ich anlässlich der Wahl in einer legalen Versammlung die Sünden der ÖVP im Tierschutz aufzählte. Er musste 700 Euro Schadenersatz und Schmerzengeld zahlen. Die ÖVP verlor 50 % der Stimmen bei der folgenden Wahl. Schließlich nutzten wir auch die Bundespräsidentschaftswahlen und wieder verlor die ÖVP. Am1. Jänner 2005 traten das Verbot von Legebatterien und ein neues Bundestierschutzgesetz schließlich in Kraft.

2005: Verhinderung der Aufhebung des Verbots der Ausstellung gefangener Singvögel.
Mit dem Verbot der Ausstellung von wildgefangenen Tieren im neuen Bundestierschutzgesetz wurde der Singvogelfang im oö Salzkammergut verboten hatte. Dort ist der Fang wilder Singvögel nur erlaubt, wenn man sie nachher ausstellt. Deshalb wollte die frischgebackene – erste – Tierschutzministerin, nämlich Maria Rauch-Kallat von der ÖVP, dieses Ausstellungsverbot wieder aufheben. Dagegen liefen wir Sturm und störten jeden ihrer öffentlichen Auftritte innerhalb von 2 Monaten, bis sie mich am Kragen packte, schüttelte und rief, ich solle sie in Ruhe lassen. Zusätzlich veröffentlichten wir ein Flugblatt mit den 7 Todsünden der Maria Rauch-Kallat. Sie klagte jeden der Punkte auf Unterlassung, verlor aber alle. Die Gerichte bestätigten, dass wir die Wahrheit gesagt hatten. Schließlich blieb das Ausstellungsverbot im Tierschutzgesetz stehen.

2006: Tierversuche an Menschenaffen.
Mit dem Ende der Tierversuche an Schimpansen in Österreich 1999 und der Rehabilitation der verbliebenen 46 Tiere war die Bahn frei für ein Verbot. Nach einer kurzen aber intensiven Kampagne beschloss das Parlament Tierversuche an Schimpansen, Bonobos, Gorillas, Orang Utans und Gibbons grundsätzlich zu verbieten.

2007: Käfighaltung von Kaninchen zur Fleischproduktion.
Nachdem wir die Zustände in den österreichischen Kaninchenfarmen mit Käfigbatterien – 8 Tiere in einem winzigen Käfig – verbreitet hatten, entstand ein großer Druck der Öffentlichkeit auf die ÖVP-Regierung, diese Haltungsform zu verbieten und durch eine Buchtenhaltung zu ersetzen. Nur 9 Monate nach Kampagnenbeginn war es soweit.

Die Aufzählung dieser Kampagnen ist insofern sehr relevant, weil sie Folgendes zeigt:

  • Sämtliche Kampagnen, in die ich involviert war, richteten sich gegen die ÖVP und waren erfolgreich
  • Bei sämtlichen Kampagnen, in die ich involviert war, gab es keine Sachbeschädigungen und keine Straftaten, abseits von öffentlichen Medienaktionen im Rahmen des Zivilen Ungehorsams
  • Ich war nie in die Kampagne gegen Kleider Bauer involviert, weder durch Kontaktaufnahme mit der Geschäftsführung dieser Firma, noch durch Teilnahme an Protestaktionen

Dennoch begann ab 2005, also fast 2 Jahre vor Beginn der Kampagne gegen Kleider Bauer, ein starker politischer Gegenwind spürbar zu werden:

  • Nach den islamistischen Anschlägen auf die U-Bahn in London verkündete das BVT im Jahr 2005, dass in Österreich nicht der Islamismus sondern der Tierschutz die größte Bedrohung für die Gesellschaft wäre.
  • Das Unterrichtsministerium sandte Briefe an die Direktionen ausnahmslos aller Schulen in Österreich, in denen davor gewarnt wurde, den VGT in den Unterricht einzuladen. Seit 1995 nämlich geht der VGT an Schulen, um die Kinder zu Tierschutz zu sensibilisieren.
  • Die Uni Wien erließ ein Redeverbot gegen mich. Und das, obwohl ich in den 1980er Jahren dort Mathematik und Astronomie mit Diplomen und 2004 Philosophie mit einer Dissertation abgeschlossen hatte. Als ich beim Rektorat vorsprach, erklärte mir der Vizerektor, dass ihm Hinweise gegeben worden seien, dass ich ein Sicherheitsrisiko wäre.
  • In derselben Zeit verkündete der damalige Innenminister Günther Platter öffentlich, dass der VGT ein gewalttätiger Verein wäre. Als Minister war er aber nicht auf Unterlassung klagbar. Also erklärten wir öffentlich, dass er ein Lügner sei. Er klagte uns aber nicht, sodass er keine Gründe für seine Behauptung nennen musste. Also sprach ich bei der Volksanwältin Teresija Stoisits vor. Sie kontaktierte den Minister und er erklärte ihr, dass der VGT auf seiner Webseite Berichte von Anschlägen veröffentliche, was überhaupt nicht wahr war. Zusätzlich behauptete der Minister fälschlich, dass es bei einigen VGT-Aktionen zu gewalttätigen Übergriffen gekommen sei, was wieder überhaupt nicht stimmte. Noch nie gab es bei Aktionen des VGT Gewalt durch VGT-Aktivist_innen, sondern immer nur Gewalt gegen VGT-Aktivist_innen. Platter widerrief seine Lügen trotzdem nicht.
  • Plötzlich erschienen Finanzprüfer im VGT-Büro und wollten feststellen, wieviele T-Shirts und Tierschutzhäferln wir verkaufen würden. Man hatte den vorgeschobenen Verdacht, wir wären kein gemeinnütziger Tierschutzverein, sondern eine gewinnorientierte Firma. Dazu wurde auch die Tätigkeit der Eierkontrollen auf ihre Herkunft im SPAR unter die Lupe genommen. In Wahrheit hat der VGT durch Eierkontrollen oder Gütesiegel nie auch nur einen einzigen Euro eingenommen. Nach einer Anfrage beim BVT nach dem Datenschutzgesetz, welche Daten über mich gespeichert seien, erhielt ich zahlreiche Dokumente, die bis auf die Überschriften völlig geschwärzt waren. Die meisten Überschriften handelten von Demos und Aktionen, auf denen ich gesichtet worden war. Aber eine Überschrift besagte, dass das BVT dem Finanzamt ein Fax geschickt hatte, mit dem Auftrag, bei uns eine Finanzprüfung bzgl. unserer Gemeinnützigkeit durchzuführen. Wäre uns die Gemeinnützigkeit genommen worden, hätte der VGT 700.000 Euro Steuern nachzahlen und sich daher auflösen müssen. Es war also das BVT, das uns diese Überprüfung bzgl. T-Shirt- und Häferlverkauf aufgehalst hatte.
  • In den Jahren 2006/2007 erhielten wir plötzlich ein Demonstrationsverbot in Wien. Alle Versammlungen in der Nähe von pelzführenden Geschäften wurden grundsätzlich untersagt. In Graz kam sogar ein flächendeckendes Demonstrationsverbot zu allen Tierschutzthemen. Wir mussten diese Maßnahmen bis zum Verfassungsgerichtshof bekämpfen, der uns zuletzt recht gab.
  • Ebenso auffällig war, dass immer mehr Polizist_innen, oft in Kampfmontur und mit großen Mannschaftswägen, zu unseren Demos erschienen. Manchmal waren mehr Polizist_innen als Demonstrant_innen anwesend.

Mein Vater war bis zu dieser Zeit in der ÖVP und im Kartellverband aktiv. Er warnte mich schon frühzeitig, dass sich die ÖVP unsere Kampagnen nicht gefallen lassen werde. Insbesondere innerhalb des Kartellverbands gebe es eine gegenseitige Hilfeleistungspflicht. Würde also ein Kartellbruder durch Demos belästigt, könnte er andere Kartellbrüder an den Schaltstellen in den Ministerien dazu bringen, uns Schwierigkeiten zu machen.

Im Oktober 2006 begannen die Ermittlungen in der Tierschutzcausa. Staatsanwalt dahinter war Wolfgang Handler, ein Kartellbruder. Ihm wurde das Verfahren durch einen „bürokratischen Fehler“, wie das Justizministerium später auf Anfrage gestand, zugeteilt. Dieser entstand dadurch, dass man ganz am Anfang einen Grünen Gemeinderat als Hauptverdächtigen geführt hatte, der gar nichts mit Tierschutz zu tun hatte, aber in Wr. Neustadt, wo Handler zuständig war, wohnte. Kaum hatte Handler den Fall, wurde der Gemeinderat schon wieder aus der Liste der Verdächtigen gestrichen, doch Handler blieb zuständig.

Anfang April 2007 rief der Besitzer der Firma Kleider Bauer beim Innenminister an, weil sein Auto beschädigt worden sei. Am nächsten Tag schon fand ein Treffen mit der gesamten Polizeispitze und Kleider Bauer statt. Es wurde umgehend eine SOKO mit 35 Beamt_innen, zum Teil aus der Mordkommission, gegründet, deren ausschließliches Ziel es war, den VGT zu zerschlagen. Als erste Schritte wurde festgelegt:

  • Das Hauptproblem sei kein Sachschaden, sondern der Imageschaden für die Firma Kleider Bauer.
  • Es sollten alle administrativen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um unsere Demos zu verbieten.
  • Die Polizei sollte bei allen unseren Veranstaltungen in hoher Zahl und in Kampfmontur erscheinen, um uns in der Öffentlichkeit in das Licht besonders radikaler Aktivist_innen zu rücken.
  • Es sollte Kontakt mit allen Firmen aufgenommen werden, gegen die wir Kampagnen führen, um sie zu beraten, sowohl wie Aktionen verhindert werden können, als auch wie die Pressearbeit am besten zu machen sei. Dazu wurden regelrecht Workshops abgehalten.

Wir wussten von diesen Ermittlungen so lange nichts, bis mir am 21. Mai 2008 vermummte Polizist_innen der Sondereinheit WEGA in den frühen Morgenstunden die Wohnungstür mit dem Rammbock einschlugen. Sie waren in Begleitung eines Filmteams, das den ganzen Überfall direkt die Stiegen des Gemeindebaus hinunter aus meiner Wohnung bis in das Auto von Staatsanwalt Handler übertrug. Der saß dort und konnte live mitansehen, wie ich unter vorgehaltener Waffe und im Scheinwerferlicht nackt aus dem Bett gezerrt und an die Wand gestellt wurde. Nachdem meine Wohnung 6 Stunden lang auf den Kopf gestellt worden war, wurde ich zu Handler hinunter geführt. Der erklärte mir mit nervösem Zucken im Auge, dass ich nun mitgenommen würde. Als Begründung für den Überfall wurde mir ein Zettel überreicht, auf dem Stand, dass ich verdächtig sei, eine seit 1988 aktive kriminelle Organisation im Tierschutz zu leiten. Dann wurde ich in U-Haft genommen.

Der operative SOKO-Leiter Josef Böck traf die Richterin, die über mich U-Haft verhängen sollte, persönlich. Sie legte von dem Treffen eine Aktennotiz an, die wir später einsehen konnten. Darin stand, dass ich aus folgenden 4 Gründen verdächtig sei:

  • Im Materiallager des VGT seien zahlreiche verdächtige Flüssigkeiten gefunden worden, sowie eine offene Öllampe, die man als Brandwurfgeschoss verwenden könnte. In Wahrheit hatte die SOKO über 50 Flüssigkeiten aus unserem Lager in ihrem Labor analysieren lassen und nichts Verdächtiges dabei gefunden. Das Ergebnis dieser Analyse wurde aber geheim gehalten.
  • Ich würde meinen Computer verschlüsseln, wo sich mit Sicherheit Angaben zu meinen Straftaten befänden.
  • „Die meisten Verdächtigen“ hätten Spritzen und Tarnanzüge zu Hause gehabt – ich allerdings weder noch.
  • Bei mir sei professionelles Einbruchswerkzeug gefunden worden. Es handelte sich um einen Bund mit Nachsperrschlüsseln für nächtliche Recherchen in Tierfabriken. Der befand sich aber nicht bei mir, sondern im VGT-Büro, nur konnte die SOKO meine DNA darauf identifizieren.

Mit diesen Tricks und Falschdarstellungen wurde die Richterin überzeugt, mich in U-Haft zu schicken. 6 Tage lang hielt man mich dort isoliert, sodass ich überhaupt nicht wusste, worum es ging. Dann brachte mir mein Anwalt immer mehr Aktenteile in die Zelle. Wir hatten Zugang zum Ermittlungsakt der Staatsanwalt, aber nicht zu dem der Polizei, obwohl die Strafprozessordnung das vorsieht. Zusätzlich wurden insbesondere von Peter Pilz interne Polizeidokumente, die ihm zugespielt worden waren, veröffentlicht. Erst nach 105 Tagen konnte ich überraschend das Gefängnis verlassen. Rückblickend ergibt sich folgendes Bild:

  • Die SOKO schleuste bereits unmittelbar nach ihrer Gründung mindestens 2 Spitzel in den VGT ein, beides Frauen. Eine war eine Polizistin mit einer kreierten Identität, die schließlich 16 Monate im VGT blieb und danach noch 3 Monate per Email Kontakt hielt. Sie war bei über 200 Aktionen dabei, ging mit mir in der Nacht wildplakatieren, kam mit in Legebatterien, war nur mit mir in der Nacht unterwegs, um Jagdplätze von Wildgänsen im Nationalpark Neusiedlersee Seewinkel auszukundschaften und schloss sich 10 Jagdstörungsaktionen an. Die Polizei hielt aber diese ganze Tätigkeit bis zuletzt geheim und leugnete die Spitzeloperation sogar vor Gericht. Der Grund war klar: sie hatte keinerlei kriminelle Aktivität gefunden. Sie wäre also unsere beste Entlastungszeugin gewesen. Ähnliches trifft auf den zweiten Spitzel zu. Diese Frau wollte bei uns angestellt werden und erhielt auch eine VGT-Emailadresse. Sie half im Büro und beendete ihre Spitzeltätigkeit nach 6 Monaten. Erst gegen Ende des 14 monatigen Tierschutzprozesses gelang es uns mit der Hilfe von 2 Privatdetektiven die beiden Spitzel zu identifizieren und vor Gericht als Zeuginnen vorzuladen. Dort erklärten sie wahrheitsgemäß, dass sie keinerlei kriminelle Aktivitäten gefunden hätten und wir wurden umgehend freigesprochen.
  • Grundsätzlich hat die SOKO alles Entlastende verheimlicht. Tatsächlich waren ja weitreichende Überwachungsmaßnahmen im Einsatz, darunter ein Großer Lauschangriff, 12 Videokameras über Türen von Büros und Privatwohnungen, 2 GPS Tracker an Autos, 18 Monate Telefon- und SMS-Überwachung, 5 Monate persönliche Observationen und die Kontrolle von Kontobewegungen. Zusätzlich gab es chemische Analysen von Flüssigkeiten aus dem VGT-Lager. Das Ergebnis, dass alle diese Überwachungen keine Straftaten zutage brachten, wurde geheim gehalten.
  • Die Polizei verweigerte bis zuletzt die Akteneinsicht in den SOKO-Ermittlungsakt obwohl wir 3 Mal die Akteneinsicht bei Gericht eingeklagt hatten und jedes Mal die Gerichte in unserem Sinne urteilten und die Polizei aufforderten, uns Akteneinsicht zu gewähren.
  • Die Vorwürfe gegen mich beschränkten sich auf radikale Emails, die der Langzeitspitzel der Polizei besorgt hatte. Der Spitzel selbst sah darin nichts Aufregendes, weil er den Kontext kannte, doch die SOKO konnte daraus verdächtig radikale Statements konstruieren, die die Gerichte beeindruckten. Sie blieben letztlich die Grundlage der Anklage gegen mich.
  • Über 200 Menschen brachten Selbstanzeigen ein, dass sie dasselbe wie wir getan hätten. Zwei Personen zeigten sich sogar im Wortlaut zweier der Anklageschriften selbst an. Sämtliche dieser Anzeigen wurden mangels Anfangsverdacht in wenigen Tagen ad acta gelegt.
  • Kleider Bauer wurde als Aufhänger für die Ermittlungen vorgeschoben. Dabei wurden irgendwelche Schäden herbeifantasiert und die angeblichen Schadenssummen zuletzt auf über 3,5 Millionen Euro hinaufgeschraubt. Im Verfahren zeigte sich, dass der Hauptschaden durch einen Wasserrohrbruch in einer Innsbrucker Filiale entstanden war, der nichts mit Tierschutz zu tun hatte. Abgesehen davon ist einem internen SOKO-Bericht zu entnehmen, dass die von Kleider Bauer genannten Schäden zu einem Gutteil nicht verifiziert werden konnten.
  • Gegenüber den Medien gab ein SOKO-Mitarbeiter an, dass gegen den Tierschutz für jeden Ermittlungsschritt immer genügend Geld vorhanden gewesen sei, aber bei Ermittlungen gegen die Russenmafia hätte man sparen müssen.
  • Einer der fingierten Vorwürfe gegen den VGT war Schutzgelderpressung. Die gewagte These, die auch der Untersuchungsrichterin gegenüber vorgebracht wurde, war, dass wir gegen gewisse Tierfabriken demonstrieren würden, bis diese klein beigeben und die Tierhaltung verbessern, sodass sie ein Gütesiegel bekommen, für das sie dann bezahlen müssen. Der VGT hat noch nie auch nur einen Euro von Gütesiegelgebühren erhalten.
  • Ein weiteres Lehrbeispiel willkürlicher Anwürfe durch die SOKO war der Fall einer Richterin in St. Pölten. Bei einer Jagdstörungsaktion in Böheimkirchen waren allen Fahrzeugbesitzer_innen der Autos, die dort abgestellt standen, Strafbescheide über 200 Euro wegen Betretens des Jagdgebiets zugeschickt worden. Die Berufung gegen diese Strafen wurde in St. Pölten verhandelt. Nachdem die Richterin alle Jäger_innen und die Autobesitzer_innen angehört hatte, und niemand Letzterer von den Jäger_innen erkannt worden war, hob sie alle Strafbescheide auf. Ich, der nichts mit diesem Fall zu tun hatte, hörte davon und kommentierte in einem privaten Email, dass da endlich eine gute Richterin gefunden worden sei und dass wir jetzt mit richterlicher Rückendeckung Jagdaktionen durchführen könnten. Auch der Spitzel erhielt dieses Email und die SOKO konnte alle Emails des Spitzels mitlesen. 3 Jahre später wurde das zu einem Bestechungsversuch aufgebauscht. Man hörte die Telefone der Richterin ab, durchsuchte ihr Haus und ließ es zweimal durch Architekten begehen, um mögliche Bestechungshinweise zu finden. Schließlich wurde ich zusätzlich angeklagt, eine kriminelle Organisation dadurch unterstützt zu haben, dass ich den Anschein erweckte, ich hätte eine Richterin unter Kontrolle.
  • Den Brand einer Jagdhütte nutzte man auch, um Richter_innen gegen mich aufzubringen. Ich war am 13. November 2007 in einem Wald bei Zurndorf, um illegale Fasanerien zu dokumentieren und anzuzeigen. Das Telefonat mit der Behörde, in dem ich um eine amtstierärztliche Kontrolle bat, wurde von der SOKO abgehört. Man warnte die Jäger vor, sodass sie die Fasane bis zur Kontrolle am nächsten Morgen entfernt hatten. Doch am 11. November 2007 war im selben Wald eine Jagdhütte abgebrannt. Um 19:09 Uhr hatte ein Polizist den Brand gesehen. Die lokale Polizei fand durch einen Experten, dass die Ursache ein Kaminbrand war: Überhitzung eines nicht gereinigten Kamins. Doch da ich zwei Tage später dort war, übernahm die SOKO den Brandakt, ließ einen neuen Sachverständigen feststellen, dass es auch Brandstiftung gewesen sein könnte und verschob den „Tatzeitpunkt“ um 2 Tage. Plötzlich war ich zur Tatzeit am Tatort einer Brandstiftung gegen die Jagd und die Richter_innen hielten mich für schuldig. Ich wurde aber nie wegen diesem Vorfall angeklagt. Da war es nur darum gegangen, die Richter_innen zu täuschen.
  • Die SOKO nutzte ständig Informationen aus der Überwachung und von ihren Spitzeln, um Tierschutzaktionen zu verhindern und die Tiernutzer_innen zu warnen.
  • Die SOKO entfernte bei ihrer Durchsuchung des VGT-Büros sämtliche Daten und weigerte sich mit der Begründung, es könnte sich Kinderpornographie darauf befinden, sie zurück zu geben. Man wollte den VGT zerstören, indem man den Kontakt zwischen dem Verein und seinen Mitglieder kappte. Ohne diese Daten konnte der VGT weder die Mitglieder informieren noch die Mitgliedsbeiträge einheben. Erst nach einem 10 monatigen Gerichtsprozess musste die SOKO dem VGT seine Daten zurückgeben.
  • Am nächsten Tag nach der Rückgabe erschien die Steuerfahndung im VGT-Büro und nahm die Buchhaltung gleich wieder mit – für weitere 1 ½ Jahre! Die SOKO hatte die Steuerfahndung getroffen und versucht dazu zu bewegen, dem VGT die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Explizit steht in dem Dokument, wenn es gelänge die Gemeinnützigkeit zu entziehen, dann wären weitere Maßnahmen sinnvoll. Das ÖVP-Finanzministerium sandte einen Brief an die Steuerfahndung und forderte ebenfalls den Entzug der Gemeinnützigkeit. Begründung: der VGT sei gegen die Jagd und das könne man nicht als gemeinnützig bezeichnen. In den 18 Monaten der Steuerermittlung wurde jede Presseaussendung, jeder Bericht auf der VGT-Webseite und jeder Artikel in der VGT-Zeitung dahingehend untersucht, ob er gemeinnützig war. Kaum war diese zweite Finanzprüfung überstanden wurde eine dritte durchgeführt. Diesmal ging es um die Frage, ob die Autos des VGT nicht vielleicht auch privat genutzt würden. Doch auch das war nicht der Fall.
  • Kaum waren wir 10 aus der U-Haft entlassen, trat das Innenministerium an die Öffentlichkeit mit der Behauptung, 62 Straftaten müssten den Verdächtigen dringend zugeordnet werden. Auch das war eine reine Propagandamaßnahme. Diese angeblichen Straftaten tauchten nie mehr im Prozess auf.
  • Bei der Anklage wurden ausnahmslos alle Kampagnen des VGT als kriminell bezeichnet. Und nicht nur des VGT, sondern auch der Vier Pfoten und anderer Vereine – seit 1988. Die gesamte Tierschutzszene sei eine einzige große kriminelle Organisation. Das Justizministerium antwortete auf eine parlamentarische Anfrage, dass allein im Jahr 2008 gegen 287 Personen aus dem Tierschutz Überwachungsmaßnahmen angeordnet worden seien.

Schließlich kam es zu einem 14 monatigen Gerichtsverfahren und zu einem Freispruch wegen erwiesener Unschuld gegen alle Angeklagten in allen Punkten. Wir blieben aber auf unseren Verteidigungskosten sitzen. Ich hatte die gesamte Zeit einen Anwalt, zusätzlich 14 Gutachter_innen und 2 Privatdetektive bezahlen müssen. Die Schulden von € 500.000 wollte der Staat nicht begleichen. Meine Klage auf Schadenersatz wurde in allen Instanzen abgewiesen und es entstanden dabei weitere Kosten für die Rechtsanwält_innen des Staates um € 57.000. Die Folge: Privatkonkurs trotz Unschuld.

Die Behauptung, es habe viele Straftaten gegeben und dann plötzlich nicht mehr, was die Schuld der Angeklagten beweise, ist auch eine Propagandalüge. Vorher hat es keine nennenswerten Straftaten gegeben. Danach aber schon. Während des Prozesses wurde zweimal die Fassade bzw. die Auslagenscheibe von Kleider Bauer beschmiert. Als der VGT gegen einen Tierversuch an Schweinen in Vent demonstrierte, wo diese Tiere unter eine Lawine gesteckt wurden, gab es eine Bombendrohung gegen eine Bank dort. Und zur selben Zeit wurde das Jagdhaus des Geschäftsführers der Tierversuchsfirma Novartis, Daniel Vasella, in Tirol niedergebrannt. Letzteres war die mit Abstand schlimmste Straftat, die man dem Tierschutz zuordnen könnte. Keiner dieser Vorfälle wurde aber in die Anklage aufgenommen.

Gegen den VGT gab es in derselben Zeit eine Anzahl von Straftaten. Immer wieder kommen und kamen Morddrohungen per Post und Email an. Das Auto wurde während einer Demo vor Kleider Bauer beschmiert, aber auf Anfrage zeigte das Innenministerium kein Ermittlungsinteresse. Zweimal wurden Aktivist_innen vor Kleider Bauer angegriffen und geschlagen, wobei einmal davon die Täter angaben, dafür bezahlt worden zu sein. Reifen von Autos wurden aufgestochen, Scheiben eingeschlagen und Schlösser verklebt. Doch diese Straftaten ordnete die SOKO weder Kleider Bauer noch der ÖVP zu.

Der ÖVP-Finanzminister und nö Landesjägermeister Josef Pröll tat sich noch besonders hervor, als er die Abschreibung von Spenden für die Steuer nur beim Thema Tierschutz unterband. Vor dem Parlament begründete er das explizit damit, dass ansonsten ja der VGT gefördert würde, und das müsse man unbedingt verhindern.

Auffällig war auch, dass ein Kapitel „Militanter Tierschutz“ in den Verfassungsschutzbericht eingeführt worden war. Im Gleichschritt mit den Ermittlungen der SOKO – die zum Gutteil aus BVT-Beamt_innen bestand – wurde dieses Kapitel umbenannt: von militantem Tierschutz zu militantem Tierrecht und dann „Militante Tierrechtsgruppen MTG“ – genau der Name, den die SOKO der imaginierten kriminellen Organisation gegeben hatte. Der Verfassungsschutzbericht enthielt eine Liste von Verwaltungsstraftaten, wie unangemeldete Demos, Besetzungen und Falschparken (ganze 80 seien davon in einem Jahr angefallen, die man dem Tierschutz zuordnen müsse), sowie einen Aktivitätsbericht des VGT. Z.B. monierte der BVT, dass sehr viel gegen staatliche Repression demonstriert würde. Was für eine Gefahr für die Verfassung!

Damit beendete ich meine Präsentation. Dann wurde ich 3 Stunden lang von allen Parteien befragt. Nur die ÖVP tat sich mit gehässigen Fragen hervor, die nichts mit der Sache zu tun hatten, aber ein schlechtes Licht auf mich werfen sollten.

Im Rahmen meiner Befragung wurden mir dann noch Dokumente vorgelegt, die mir neu waren, die ich aber für brisant halte:

  • SOKO-Leiter Josef Böck bestellte einen Experten für Kinderpornographie für die Hausdurchsuchungen bei uns. Ganz offensichtlich, um uns irgendwie mit Dreck bewerfen zu können.
  • Die SOKO stellte im Lauf der Ermittlungen fest, dass viele der von Kleider Bauer angegebenen Straftaten nicht verifiziert hätten werden können. Es fließe sehr viel Geld in die SOKO, und das müsse gerechtfertigt werden, deshalb müsse man mehr ermitteln.
  • Ein Brief der Oberstaatsanwaltschaft an die Polizei, dass die SOKO viel offensiver mit Vorwürfen an die Öffentlichkeit gehen solle, weil sonst niemand verstehe, warum die Tierschützer_innen so verfolgt würden.
  • In einigen internen Mitteilungen der SOKO wird festgestellt, dass es noch immer keinen Zusammenhang zwischen einer Straftat und den Verdächtigen gebe.

Was bleibt unter dem Strich? Ich bin schon neugierig, wie die Befragungen der ehemaligen ÖVP-Innenminister_innen Platter und Fekter laufen werden, sowie jene der SOKO-Spitze. Ob am Schluss aber wirklich klar wird, wer genau hinter all dem gesteckt hat, ist noch offen.

4 Gedanken zu “Meine Aussage heute im BVT-Untersuchungsausschuss zur Tierschutzcausa

  1. Also das klingt für mich nach einer klassischen Verschwörung. Oder wie soll man das sonst verstehen? Ich habe schon einiges darüber gelesen, aber diese kurze Zusammenfassung wirkt noch deprimierender, als alles was ich bisher gefunden habe. Man würde solche Vorgänge eher einer Stasi – im DDR Sinn – zutrauen, als einer “christlich sozialen Partei”. Einer Demokratie ist es absolut unwürdig. Das ist sicher kein Einzelfall, sondern nur ein Fall der enorme Dimensionen erreicht hat und deshalb für diese Typen zu groß wurde. Bei einzelnen Personen können sie drüber fahren, aber gleich mehrere Tierschutzorganisationen so offen anzugreifen, war ein Fehler. Da haben sie sich ziemlich überschätzt. Aber ich glaube, dass ihr Tierschützer nicht die einzigen Opfer sein könnt. Man hat das Gefühl, das hat System. Würden sie alle ihre Akten überprüfen lassen, statt sie zu verstecken, wäre wohl einiges los. Sie können wahrscheinlich keine Akteneinsicht gewähren. Niemandem! Nicht weil sie irgendwelche Informanten schützen wollen, sondern weil sie sich selbst und ihre Helferlein schützen müssen. Diesen Eindruck bekommt man, wenn man liest, was da alles abgelaufen ist. Anscheinend stehen manche doch über dem Gesetz. Eine Schande für Österreich.

  2. Hatte die ÖVP einen Koalitionspartner während der Zeit der Prozesse? Und wenn ja, wie standen die zu der Sache?
    Und wie steht die FPÖ als rechtspopulistische/rechtsextreme Partei zu eurem Anliegen?

    1. @Fabian, Finn
      Es geht da eher um die Zeit der Verfolgung. Da war der Koalitionspartner der ÖVP die FPÖ. Während des Prozesses dann war es die SPÖ. Der FPÖ-Chef Strache hat ganz zu anfangs voll gegen uns dreingeschlagen und uns zu gewalttätigen Kriminellen erklärt. Kaum kam heraus, dass es eigentlich keinen konkreten Tatverdacht gab, war von der FPÖ nichts mehr zu hören.

  3. im Artikel wird öfters der Kartellverband (mit K !) erwähnt. Oftmals -auch in den Protokollen zum Untersuchungsausschuss (DerStandard.at) wird der Verband verwechselt mit dem Cartellverband (CV, ÖCV,..) .
    Weder Staatsanwalt Wolfgang Handler noch Soko-Leiter Josef Böck sind Mitglied im Cartellverband (ÖCV) .
    Geläufiger ist der Kartellverband unter der Bezeichnung MKV. Anscheinend gibt es dort zahlreiche Mitglieder, welche im Tierschützer-Prozess eine tragende Rolle spielen.
    Allerdings ist mit bisher nicht aufgefallen, dass der MKV als Netzwerk eine tragende Rolle in Justiz und BMI spielt, ganz im Gegensatz zum Cartellverband (ÖCV) der tatsächlich ein tragendes Netzwerk in Ministerien und BVT bildet, schliesslich war noch jeder ÖVP-Kanzler der 2.Republik ein CVer, einzig mit 2 Ausnahmen: Schüssel und Kurz.

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