In einem Bericht von ICF GHK für die EU-Kommission vom Juli 2013, https://netzpolitik.org/wp-upload/travelling_violent_offenders_study_1.pdf, wird empfohlen, sogenannten „reisenden GewalttäterInnen (TVOs)“ ein Reiseverbot zu erteilen. Darunter fallen offensichtlich auch TierschützerInnen, wie Abschnitt 2.2.1 zu entnehmen ist. Das Wort „gewalttätig“ ist dabei ein gedehnter Begriff und bezieht sich nicht darauf, dass diese Personen Gewalt gegen Sachen oder gar Lebewesen ausüben. Auf Seite 19 des Berichts wird ausgeführt, was „Animal Rights Extremists“ oder eben TierschützerInnen so machen. Z.B. haben sie in Griechenland, Belgien und Deutschland Nerze aus Pelzfarmen befreit. Wer übt bei einer solchen Befreiung gegen wen Gewalt aus? Erinnert an die Anklage wegen Tierquälerei für die Befreiung von Schweinen aus einer Tierfabrik im Rahmen des Tierschutzprozesses.
Doch wörtlich steht da auch: To reach their goals, animal rights extremists use authorised protests. Diese „ExtremistInnen“ alias normale TierschützerInnen nützen also ihr verfassungsgemäßes Recht, behördlich angemeldete und nicht untersagte Demonstrationen durchzuführen! Und dann wird noch das wichtigste Mittel der extremistischen Aktivität angeführt: Propaganda on the internet is one of the main tools of animal rights extremist groups. Und: These groups also seek support via their websites and social networks through disinformation campaigns. Und die Crux, um die es schließlich geht: Member States have experienced increased activity by violent animal rights extremist groups, which have a significant impact on businesses involved. Sogar Zirkusse, die Fleischindustrie und die Jagd seien betroffen.
Fassen wir zusammen: TierschützerInnen nutzen angemeldete Demos und Propaganda im Internet, also nach Ansicht von Europol die Verbreitung von Desinformation über die brave Tierindustrie via Webseiten und social media, gegen die sich die anständigen TiernutzerInnen einfach nicht wehren können, um in zunehmendem Maße eine spürbare Wirkung auf Firmen zu erzielen, ihre Geschäftspolitik tierfreundlicher zu gestalten. Diese Kampagnenarbeit sei oft länderübergreifend, wobei sich die frechen TierschützerInnen durch Sprachbarrieren nicht aufhalten lassen würden. Das sei eine solche Bedrohung, dass es Reiseverbote für bekannte TierschützerInnen geben müsse. Allen Ernstes!
Ja, und das Tüpfelchen auf dem i: Europol considers that future legislation regarding animal rights in the Member States trigger new and increased actions by violent animal rights extremist groups. Die EU-Staaten sollten also keine verbesserten Tierschutzgesetze mehr einführen, weil sich sonst die TierschützerInnen bestätigt fühlen und motiviert sind, noch aktiver zu werden.
In diese Europol-Vision passt die Tierschutzcausa genau hinein. Österreich als Vorreiter im Kampf gegen den die uneingeschränkte Wirtschaft bedrohenden Tierschutz, vermutlich weil bei uns die Tierschutzszene international beispielgebend dabei ist, strengere Tierschutzgesetze zu erreichen. Der Jargon der Anklageschrift und der Verfassungsschutzberichte hierzulande ist von dem des zitierten Berichts nicht zu unterscheiden. Dass es nun auch eine kriminelle schwere Nötigung sein soll, mit legalen Kampagnenmethoden, wie angemeldeten Demos und Internetpräsenz, öffentlichen Druck auszuüben, um die Wirtschaft tierfreundlicher zu gestalten, ist der logische nächste Schritt.
Den rechtskräftig freigesprochenen ehemaligen Angeklagten in der Tierschutzcausa wurde das Einreisevisum in die USA verweigert. Diese Reisebeschränkung soll nun also auch auf Grenzübergänge innerhalb der EU ausgedehnt werden. Doch wer meint, das treffe nur TierschützerInnen, sollte den gesamten Bericht lesen: UmweltschützerInnen, GlobalisierungsgegnerInnen, FriedensaktivistInnen und AnarchistInnen etc. sind genauso betroffen. Im Gleichschritt mit der zunehmenden Überwachung soll also nicht nur Meinungs- und Versammlungsfreiheit, sondern nun auch die Reisefreiheit eingeschränkt werden.
Das ist die Angst vor mündigen, selbstorganisierten BürgerInnen, also die Angst vor Demokratie.
@Hansi
Man kann selbst auch “Lobbyarbeit” betreiben und zwar indem man sich direkt an alle Politiker wendet. Je mehr Leute das tun, desto eher hat man Erfolg.
Ich habe heute schon Antwort auf meine Frage erhalten, habe aber nicht an die Ministerin persönlich geschrieben. Also “alle Achtung”! Da diese Atnwort sehr sachlich und höflich ist, wird der Absender sicher nichts dagegen haben, wenn ich sie hier veröffentliche. Allerdings ist nicht das Justizministerium zuständig, wie ich dachte, sondern das Innenministerium, Da muss ich also noch eine Mail schreiben. Ich habe mich bei der Frage direkt auf diesen Blog-Artikel bezogen.
Hier die Antwort:
Ihre Frage – und die Ausführungen im Blog von DDr. Balluch – betreffen
sämtlich Aufgaben- und Rechtsbereiche, die in die Zuständigkeit des
Bundesministeriums für Inneres fallen (polizeiliche Zusammenarbeit,
Grenzkontrollen, Einreisebestimmungen usw.).
Ganz allgemein kann ich Ihnen – weil ich in meinem Zuständigkeitsbereich
(Strafrecht) viel mit Rechtsetzungsprozessen in der EU befasst bin –
Folgendes sagen:
Sowohl die Studie der ICF-GHK (das ist ein privater Consultant, der im
Auftrag der Kommission Studien verfasst) als auch die referierte Ansicht
Europols sind Meinungsäußerungen in einem sehr frühen Stadium; anders
ausgedrückt: ob derartige Ideen von den Institutionen der EU tatsächlich
aufgegriffen werden, ist alles andere als sicher. Die Bemerkung von Europol
ist sicher nicht als Aufforderung zum Rechtsbruch, sondern bloß als Hinweis
zu verstehen, in welche Richtung das geltende Recht geändert werden könnte.
Das Recht der Unionsbürger, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, ist
ausdrücklich als Grundrecht verankert (Art. 45 der Grundrechte-Charta);
Einzelheiten sind in der Richtlinie 2004/38 über das Recht der Unionsbürger
und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten
frei zu bewegen auf aufzuhalten, geregelt. Der Europäische Gerichtshof
(EuGH) der EU in Luxemburg (nicht zu verwechseln mit dem
Menschenrechtsgerichtshof des Europarates in Straßburg) wacht darüber, dass
die Mitgliedstaaten bei der innerstaatlichen Umsetzung dieser RL und bei
ihrer Anwendung dieses Grundrecht nicht verletzen.
Im Übrigen muss ich Sie aber auf die Zuständigkeit des Bundesministeriums
für Inneres verweisen!
Mit freundlichen Grüßen
Fritz Zeder
unfassbar…das kommt sicher nicht von irgendwo…die tierausbeutungsindustrie lobbyiert anscheinend auch schon kräftig auf EU-ebene…was für ein ausdruck “TVO”…
Diese Information ist grauenhaft! Was kann man tun?
Es gibt eine Werbebroschüre – zumindest würde ich das so nennen – über die Vorzüge der EU. Dort steht utner anderem:
Freier Personenverkehr
–
reisen, studieren, leben und arbeiten
überall in der EU:
leicht gemacht!
Stichwort
: Können Sie sich noch daran erinnern, wie kompliziert es
früher war, in ein Nachbarland zu reisen?
Der österreichische Bürger gewinnt
Rechte aus der Unionsbürgerschaft:
Niederlassungs und Reisefreiheit innerhalb der Unionsgrenzen,
Das Gemeindeamt von Traismauer teilt uns das jubelnd mit. Von Einschränkungen steht da nichts. Das ist meiner Meinung nach auch verbrieftes Recht. Ich glaube kaum, dass EU Bürgern dieses Recht verwehrt werden kann. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es Rechtens sein kann, jemandem – aus welchem Grund auch immer – dieses Recht zu verwehren.
Diesen Artikel nehme ich zum Anlaß, ein Mail an die Justizministerin zu schreiben und sie zu fragen, ob man jemandem seine Reisefreiheit einfach so nehmen kann. Das wäre auch gleich ein Thema für diesen unsäglichen, lächerlichen Wahlkampf. Bin neugierig ob sie antworten wird. Wenn nicht, frage ich einmal in Traismauer nach. 🙂
Das liest sich wie ein Aprilscherz?!
Wir leben in einer absoluten Diktatur der Wirtschaft, des Geldes und der Gier! Demokratie und Menschen(menschliche)rechte enden an der Schwelle der Ausbeuter und ihrer politischen Sklaven! Ich bin entsetzt …
Bleibt zu hoffen, dass all diese Unmenschen bald irgendwie aussterben, weil die Natur sich des Widernatürlichen entledigt.