19. März 2024

Tierschutz wurde gerade in die Verfassung aufgenommen – und das OLG-Urteil dadurch obsolet!

Heute um 16:23 Uhr begann die Diskussion im Parlament über den Regierungsantrag, Tierschutz in die Verfassung aufzunehmen. Ich war vorher schon mit meinem Fahrrad zum Parlament gefahren. Kaum hatte ich es abgesperrt, kam schon der Leiter der Sicherheitskräfte des Parlaments auf mich zu und fragte mich, ob ich eine Aktion im Parlament wegen der Abstimmung plane. Oh nein, konnte ich ihn beruhigen. Ich war in anderer Mission unterwegs. Es ging mir darum, das OLG-Urteil durch die Verfassungsänderung auszuhebeln. Doch davon später.

In der Diskussion kamen insgesamt 12 Abgeordnete zu Wort. Günther Kräuter von der SPÖ, der neue Volksanwalt, hielt seine letzte Rede als Abgeordneter und ließ die Stationen auf dem Weg zur Verfassungsbestimmung Revue passieren. Erfreulich: er werde die Tradition beibehalten, dass sich die Volksanwaltschaft auch für Tierschutz engagiert. Christiane Brunner von den Grünen und Wolfgang Spadiut vom BZÖ kritisierten das Gesetz insbesondere, weil sie, genauso wie die Tierschutzorganisationen und alle ExpertInnen, aus den Diskussionen ausgeschlossen waren. Die beiden Parteien stimmten letztlich gegen den Antrag. Wolfgang Gerstl von der ÖVP sah den Unterschied zu den Grünen darin, dass die ÖVP auch Menschen schützen will und deshalb die Forschung als Staatsziel neben den Tierschutz stellt. Von der FPÖ wies Bernhard Vock auf die Erklärung zum Gesetz hin, was mit Tierschutz gemeint sei, und hielt fest, dass es zwar eine bessere Formulierung geben hätte können, aber der Schritt nichtsdestotrotz ein Erfolg ist. Martina Schenk vom Team Stronach hätte sich auch eine bessere Formulierung gewünscht, aber ihre Partei stimmte trotzdem dem Antrag zu. Peter Wittmann, SPÖ und Obmann des Verfassungsausschusses, meinte, je allgemeiner die Formulierung sei, desto eher könne man sie mit einer Bedeutung füllen, die sich auch über die Jahre wandeln kann. Um 17:11 Uhr wurde Tierschutz schließlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach in die Verfassung aufgenommen.

Und das war für mich der Augenblick, an dem das OLG-Urteil seine Bedeutung verlor. Dieses Urteil hat ja die Forderung an Modehäuser, aus dem Pelzhandel auszusteigen, für sittenwidrig erklärt. Was sittenwidrig ist oder nicht, so steht es im Urteil, wird durch das Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, d.h. aller billig und gerecht Denkenden, bestimmt. Und dieses Rechtsgefühl hat sich zweifellos durch diese Parlamentsentscheidung grundlegend gewandelt! Die Aufnahme von Tierschutz in die Verfassung bedeutet, man kann es drehen und wenden wie man will, eine Aufwertung von Tierschutz in allen Bereichen. Und diese Aufwertung muss zweifellos wiederum heißen, dass sich das Rechtsgefühl bzgl. der Einschätzung, ob gewisse Tierschutzaktivitäten sittenwidrig sind oder nicht, ändert. Das bedeutet nun, dass sich die Grundlage, auf der das OLG-Urteil basiert, geändert hat. Und damit ist es obsolet geworden, das Gericht erster Instanz muss sich nicht mehr daran halten und eine etwaige Berufung zum OLG nach einem neuerlichen Urteil kann eine ganz andere rechtliche Beurteilung ergeben. Dieses OLG-Urteil ist kein Präzedenzfall für die österreichische Rechtsprechung mehr!

In einer Presseaussendung, die ich in der Sekunde der Abstimmung im Parlament ausschickte, siehe https://vgt.at/presse/news/2013/news20130613mh.php, wird unser Anwalt Stefan Traxler, der einen der Angeklagten im Berufungsverfahren vertreten wird, zitiert: Das OLG ist in diesem Verfahren die höchste Berufungsinstanz in Österreich und dessen Urteil damit hierzulande nicht mehr bekämpfbar. Natürlich werden wir die Nötigungsfrage letztlich bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausfechten, doch bis dahin können viele Jahre vergehen. Grundsätzlich hat das OLG das Verfahren zwar an die 1. Instanz nach Wr. Neustadt zurück verwiesen, aber die rechtliche Beurteilung, die ich im Übrigen nicht teile, dass legale Kampagnen für ein Ende des Pelzverkaufs Nötigung seien, wurde bereits getroffen. Da nun aber Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen wurde, haben sich diesbezüglich die Spielregeln verändert. Jetzt ist das Erstgericht in dieser Sache nicht mehr an das OLG-Urteil gebunden und kann seine eigenen Feststellungen treffen!

Für unsere Selbstanzeige-Aktion bietet das eine hervorragende Basis, weil die Staatsanwaltschaft einen Grund erhält, keine Anklage zu erheben. Damit würde sie die neue Rechtsansicht bestätigen, dass mit Tierschutz in der Verfassung Kampagnen für ein Ende des Pelzhandels definitiv nicht mehr sittenwidrig sind und dadurch die Androhung einer solchen Kampagne eine Firma nicht mehr nötigt. Es liegt jetzt an uns, durch Realisierung der Selbstanzeigen diesen Beweis anzutreten.

6 Gedanken zu “Tierschutz wurde gerade in die Verfassung aufgenommen – und das OLG-Urteil dadurch obsolet!

  1. ein toller Erfolg!! Danke für euren unermüdlichen Einsatz! Ich finde es nur schockierend, dass gerade die GRÜNEN- von denen ich immer dachte, sie würden sich für Tierschutz einsetzen- GEGEN den Antrag gestimmt haben!! Und das nur, weil sie von den Diskussionen ausgeschlossen waren (warum eigentlich?) ?! Es ist doch positiv, dass sich die Parteien auch ohne Zutun der Grünen dazu durchringen konnten, Tierschutz verfassungsrechtlich zu veranken… oder sehe ich das falsch?!

  2. Leider ist das Set up für die Selbstanzeigen noch nicht fertig. Sie werden aber heute noch auf vgt.at/selbstanzeige erscheinen und unterschrieben werden können.

    Ich werde das heute nachmittag hier verbreiten.

  3. genau, ich schließe mich Matthias an:
    postest du bitte noch Infos darüber, wie die Selbstanzeige zu verfassen ist und was danach passiert?

  4. ganz grossen dank…an euch alle!!!!!ganz grossen respekt!!!!!diese schrecklichen anklagen und staats-schikanen….unverzeihlich!!!!!!
    jetzt beginnt euer erfolg!!!!!
    ich wünsche euch alles erdenklich gute!!!!!!!!

  5. Danke Martin und danke an alle, die angeklagt oder vom Staat schikaniert wurden.Das heute ist euer Erfolg. Neben der Rettung wehrloser Tiere sollten wir uns jetzt wirklich mit aller Kraft der Rettung der Demokratie widmen.

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