28. März 2024

Vermummt und gewaltbereit – eine Ausstellung über Polizeigewalt in Deutschland

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Die Münchner Polizei hat dieser Frau in einer Gefängniszelle aus “Notwehr” ins Gesicht geschlagen, während ihre Hände am Rücken gefesselt waren

Auf Demonstrationen tritt die Polizei, wenn sie zuschlagen will, immer vermummt auf. Die BeamtInnen haben dabei keinerlei Dienstnummer an ihrer Uniform, sie sind voneinander nicht unterscheidbar. Bei einer großen Polizeiaktion sieht das Sicherheitspolizeigesetz lediglich vor, dass der Einsatzleiter bzw. die Einsatzleiterin ihre Dienstnummer zeigen, und das erst am Ende des Einsatzes. Wird man von einem dieser vermummten und gewaltbereiten PolizistInnen geschlagen, dann hat man keinerlei Chance, eine Anzeige zu machen. Die BeamtInnen bleiben in jedem Fall anonym, auch wenn sie bei dem Übergriff gefilmt wurden.

Umgekehrt gibt es für NormalbürgerInnen, die demonstrieren wollen, ein allgemeines Vermummungsverbot. Meine Kritik am entsprechenden §9 (1) des Versammlungsgesetzes, der verbietet sich in einer Weise zu verhüllen, sodass die Identität nicht festgestellt werden kann, habe ich bereits formuliert: https://martinballuch.com/?p=1096. Interessant, dass das umgekehrt für die PolizeibeamtInnen nicht gilt. In Deutschland möchte die Zivilgesellschaft wenigstens erreichen, dass PolizistInnen auf Demonstrationen immer ihre Dienstnummer außen deutlich sichtbar tragen müssen. Die deutsche Polizeigewerkschaft spricht sich dagegen aus, weil sie befürchtet, dass ansonsten die BeamtInnen grundlos beschuldigt werden könnten. Aha, aber dass DemonstrantInnen grundlos beschuldigt werden könnten, ist offenbar kein Problem.

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Aufnahme einer Überwachungskamera in einem belgischen Gefängnis: die Polizei schlägt diesen nackten Mann in einer Zelle tot

Wer, muss man sich fragen, ist die größere Gefahr für die öffentliche Sicherheit, wer hat latent mehr Gewaltpotential und wer wird dieses mit größerer Wahrscheinlichkeit ausleben? Ich habe bereits eine Reihe von Fällen besonders brutaler Polizeigewalt hier aufgezeigt, siehe z.B. https://martinballuch.com/?p=1054. Ein Fall im Februar 2013 in München erregte ebenfalls großes Aufsehen, siehe http://www.sueddeutsche.de/muenchen/vorwuerfe-gegen-muenchner-polizei-der-beamte-ist-ausgetickt-1.1592391. Unfassbar ist auch dieser Mord an einem nackten, hilflosen Häftling durch die Polizei in einem belgischen Gefängnis, siehe http://orf.at/stories/2168117/2168119/. Jetzt beschäftigt sich eine vazierende Ausstellung in Deutschland mit der Polizeigewalt.

PolizeigewaltErgebnisIn unserem Nachbarland gab es im Jahr 2010 insgesamt 2133 Anzeigen gegen PolizeibeamtInnen wegen Körperverletzung. In lediglich 63 Fällen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage, in 93% der Fälle wurde das Verfahren eingestellt.

Das Jahr 2009 war in dieser Ausstellung noch besser dokumentiert. Vor 4 Jahren wurden in ganz Deutschland 2955 Gewaltdelikte durch PolizeibeamtInnen, in denen die Staatsanwaltschaft ermittelte, gemeldet, und die sich in 1604 Fälle von direkter Gewaltausübung und 1351 Fälle von Zwang oder Missbrauch aufgliedern. Zusätzlich tötete die Polizei 25 BürgerInnen. Pro Jahr gibt es also im Mittel über 2000 Anzeigen gegen Polizeigewalt, aber nur 3% davon werden tatsächlich angeklagt, resümieren die AusstellerInnen.

Polizeigewalt2000AnzeigenWarum dürfen also PolizeibeamtInnen vermummt auftreten? Öffnet das für Gewaltübergriffe nicht Tür und Tor? Sollte nicht gerade die Staatsgewalt, die das absolute Gewaltmonopol hat, besonders streng kontrolliert werden, strenger jedenfalls, als unbescholtene BürgerInnen?

2 Gedanken zu “Vermummt und gewaltbereit – eine Ausstellung über Polizeigewalt in Deutschland

  1. Willkür ist die Kür der Mächtigen. So war es schon immer, oder?
    Sich auf Gesetze zu verlassen die einen schützen ist einfach naiv. Es gibt ja nicht mal eine Polizei unabhängige Anzeigenstelle.

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