29. März 2024

Warum ich gegen TTIP bin

Freihandelsabkommen, wie TTIP, dienen multinationalen Konzernen dazu, Handelsschranken über alle Grenzen hinweg abzubauen. Das alleine macht sie schon suspekt, weil sich der Einfluss von Großkonzernen mittlerweile als eine der großen Gefahren sowohl für die Erde insgesamt, als auch für die Demokratie und ihre Strukturen herausgestellt hat. Die Wirtschaft diktiert die Politik über die Köpfe der Mehrheiten hinweg – zum Nachteil für die Lebensqualität aller. Zwar mag es sinnvoll sein, willkürliche Vorschriftsunterschiede zwischen Ländern abzubauen, die unnötig aufwendig sind, aber es gibt sehr viele Unterschiede in Standards, die wahnsinnig wichtige Errungenschaften darstellen, und keinesfalls durch derartige Abkommen gefährdet werden dürfen. Eine davon ist der Tierschutz, insbesondere in Österreich. Wir haben hierzulande im Kleinen einige Standards sehr mühsam erkämpft, die am globalen Markt niemals zu halten wären.

Seltsam. Wenn man über TTIP auf Wikipedia nachliest, findet man nichts zu Tierschutz. Als ob dieses Abkommen auf den Tierschutz keine Auswirkungen hätte. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall, gerade unsere Tierschutzstandards wären am meisten gefährdet. In den USA ist bis heute der Nutztierschutz ein absolutes Fremdwort. Als um 2005 eine österreichische Delegation von PolitikerInnen die USA offiziell bereiste, wurde auch mit VertreterInnen der Landwirtschaft gesprochen. Ich sehe heute noch die Vertreterin der Grünen, Tierschutzsprecherin Brigid Weinzinger, vor mir, die danach erzählte, wie verwundert man in den USA darüber war, dass es überhaupt Gesetze zur Haltung von Nutztieren geben könnte, so absurd schien das dort. Und im Tierversuchsbereich gelten in den USA Nagetiere – die 90% der Versuchstiere ausmachen – überhaupt nicht als Tiere. Für sie gibt es keinen Schutz, ja, sie scheinen nicht einmal in der Statistik auf. Mir braucht niemand etwas erzählen: ein Abgleich der Tierschutzstandards im Rahmen eines Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU wäre eine einzige Katastrophe.

Auch auf EU-Ebene haben wir schon sehr zu kämpfen. Einerseits können die besseren Haltungsbedingungen in Österreich im EU-Binnenmarkt durch Billigimporte unterlaufen werden, was jeden Reformschritt hierzulande sehr erschwert. Andererseits wird es langsam Usus, dass die EU-Kommission Deckelungsrichtlinien erlässt, die strengere Bedingungen in den Nationalstaaten explizit verbieten. So war es zunächst bei der Schlachtverordnung, dann erstmals wirklich schmerzlich bei der Tierversuchsrichtlinie, und man hört nun, dass sogar die Vollspaltenböden in den Schweinefabriken als „beste verfügbare Technik“ von der EU-Kommission anerkannt werden sollen – nur noch ein kleiner Schritt dahin, sie EU-weit bindend als Richtlinie für alle Staaten festzuschreiben. Keine Frage: das ist eine Strategie der multinationalen Konzerne und der Tierindustrie, Tierschutzinitiativen zu hintertreiben. Je größer die politische Struktur, desto weiter entfernt von den Menschen, desto schwerer fällt es NGOs und Bürgerinitiativen, ihre Stimme geltend zu machen. TTIP würde das also noch deutlich verschlimmern.

Aber das größte Problem am TTIP ist in meinen Augen der sogenannte Investitionsschutz. Was so harmlos klingt, hat es ganz schön in sich. Da geht es um ein Klagerecht für multinationale Konzerne gegen Einzelstaaten, wenn diese durch z.B. neue Tierschutzgesetze die bereits getätigte Investition in Tierfabriken oder Tierversuchslabors „gefährden“. Sollte Österreich dann eine Tierschutzbestimmung einführen, die irgendeinem amerikanischen Betrieb nicht passt, der in Österreich einen Ableger hat und deshalb umbauen müsste, dann könnte dieser den Staat Österreich dafür klagen. Dabei ist sogar vorgesehen, dass diese Klage nicht einmal von einem Handelsgericht, sondern lediglich von einem Konsortium von WirtschaftsanwältInnen behandelt werden soll. Das wäre der totale Albtraum. Es ist vollkommen klar, dass eine solche Regelung jede politische Tierschutzarbeit verunmöglichen würde. Tierschutzorganisationen würden zur Makulatur verkommen.

Bei einer EU-Umfrage im Juli 2014 haben 97% der Menschen TTIP ganz oder teilweise abgelehnt. Kein Wunder also, dass die EU eine Bürgerinitiative gegen TTIP, bei der 1 Million Unterschriften gesammelt hätten werden müssen, um das Thema vor das EU-Parlament zu bringen, einfach verhindert hat. Wir müssen jetzt den Widerstand verstärken, TTIP darf nicht verwirklicht werden. Und die Tierschutzorganisationen sollten dabei eine führende Rolle einnehmen, steht für sie doch praktisch alles auf dem Spiel!

6 Gedanken zu “Warum ich gegen TTIP bin

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