28. März 2024

Wir brauchen eine Urwald-Stiftung

 

Viele wissen vielleicht heute nicht mehr, dass noch vor 15 Jahren über 30 Bären im steirisch-niederösterreichischen Grenzgebiet frei lebten. Ich selbst habe 1997 am Hochschwab einen dieser Bären getroffen, in Gollrad ging zwei Mal einer mitten am Tag durch die Ortschaft. Die Gemeinden schrieben damals an die AnrainerInnen in den betroffenen Gegenden sogar, dass man sich im Fall einer Begegnung unterwürfig verhalten solle, im Extremfall auf den Boden legen, die Hände im Nacken, dann würde der Bär keine Bedrohung darstellen. Beim Lesen dieser Schrift dachte ich schon, dass das nicht lange gutgehen könne. Der Mensch in seiner Überheblichkeit wird doch kein Tier in seiner Nähe dulden, demgegenüber er sich unterwürfig verhalten muss! Tatsächlich, nur wenige Jahre später waren alle 30 Bären abgeknallt. 2 davon wurden ausgestopft im Keller verstorbener Jäger gefunden, der Rest fiel einfach dem Umstand zum Opfer, dass die „Wildnis“ in Österreich, in der Bären leben können, also der Wald und nicht das Ödland über der Waldgrenze, so von Forststraßen durchzogen und Jagdständen durchsetzt ist, dass jeder freilebende Bär in absehbarer Zeit einem Jäger vor die Flinte laufen muss. Die Zerstörung und Entzauberung der Natur durch diese Forststraßen habe ich ja kürzlich angesprochen: https://martinballuch.com/?p=1932.

Im Gespräch mit zwei Bergbauern in den letzten Tagen war auch das ein Thema. Dabei wurde mir erklärt, dass der Bau von Forststraßen für die WaldbesitzerInnen viel zu teuer sei, das würde sich durch den erhöhten Forstertrag nicht rechnen. Forststraßen baue man nur deshalb noch weiterhin und in solcher Zahl, weil sie zu 100% subventioniert werden! Das laufe unter der Förderung der Entwicklung landwirtschaftlicher Regionen. Ein Wald, in dem nicht alle 100 m eine Forststraße kreuzt, werde als „unterentwickelt“ angesehen. Mit anderen Worten: Dank des großen Einflusses der Landwirtschaftslobby auf die Politik in Österreich dürfen wir selbst alle diese Forststraßen finanzieren, die unsere letzte Natur vernichten! Unfassbar!

Die Erfahrung zeigt, dass es wahnsinnig schwierig ist, Naturbereiche aus der menschlichen Nutzung auszunehmen. Insbesondere die Jägerschaft, danach die Forstbetriebe und die Viehwirtschaft, weigern sich mit allen Mitteln, eine solche Umwidmung zuzulassen und zu retten, was noch zu retten wäre. Selbst in den österreichischen Nationalparks wird lustig gejagt und viel Land für die Viehwirtschaft genutzt. Ja, nach der heutigen Gesetzeslage sind das Jagdrecht und das Eigentumsrecht – trotz aller anderweitiger Behauptungen und der Errungenschaften der 1848 Revolution – getrennt, d.h. auch ein Landeigentümer kann die Jagd, und damit einhergehend den Bau von Jagdeinrichtungen wie Hochständen und Paarhuferfutterstellen, auf seinem eigenen Grund und Boden nicht verhindern. Doch da gibt es ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 26. Juni 2012, in dem die Zwangsmitgliedschaft in einer Jagdgenossenschaft als menschenrechtswidrig verurteilt wurde. Ähnliche Urteile, wie dieses bzgl. einer Beschwerde aus Deutschland, hat es schon bzgl. Beschwerden aus Luxemburg und Frankreich gegeben. Immer wieder melden sich Land- und insbesondere WaldbesitzerInnen bei uns im VGT und bitten um Hilfe gegen die Jägerschaft, die einfach ihr Land usurpiert. Einer der Betroffenen bezeichnete die JägerInnen als eine „bewaffnete Besatzungsmacht“. Mit diesem neuen Urteil aus Deutschland wird es hoffentlich auch bald ein entsprechendes Urteil aus Straßburg zu einer Beschwerde aus Österreich geben und zu einer Änderung des hiesigen Jagdgesetzes führen.

Doch damit nicht genug. Um die Natur in Österreich zu retten und als Wildtierrefugium zu erhalten gibt es momentan zu wenige einsichtige LandbesitzerInnen. Deshalb meine Idee einer Urwald-Stiftung, inspiriert vom National Trust in England. Eine Urwald-Stiftung würde Geld und Landbesitz sammeln, insbesondere aus Erbschaften, und mit den vorhandenen Mitteln möglichst viel Land ankaufen und jede menschliche Nutzung, wie Jagd-, Forst- und Viehwirtschaft, beenden. Menschliche Relikte, wie Jagdstände, Forststraßen oder Almhütten, würden entweder entfernt oder unbrauchbar gemacht und der Zerstörung durch die Natur überlassen. Das gesamte Land stünde dann allen Menschen (und anderen Tieren) unter gewissen Bedingungen des schonenden, umweltverträglichen Verhaltens zum Besuch offen. Das Sammeln von Schwammerln, Beeren und Klaubholz für den Eigenbedarf könnte z.B. erlaubt sein, aber das Töten von Tieren jedweder Art, sowie das Beschädigen oder Entfernen bedrohter Pflanzenarten, verboten.

Über die Jahrzehnte und Jahrhunderte, so meine Fantasie, könnte auf diese Weise ein substanzieller Teil der Natur hierzulande erhalten und der Verwaltung durch Wildtierpopulationen übergeben werden. Ich könnte mir keine bessere Investition in die Zukunft für mein Geld vorstellen – wenn ich eines hätte.

7 Gedanken zu “Wir brauchen eine Urwald-Stiftung

  1. AMAZON führt ECHTPELZ !!! Bitte verbreiten …
    Qulle: http://www.provegan.info – 11.01.2013:
    Die Antwort von Amazon auf den Protest wegen Pelzverkauf!
    Konsequenz: Kein Kauf mehr bei Amazon.
    ******
    Während wir im Rahmen unserer Mission, Kunden alles anzubieten, was sie online kaufen wollen, unseren Verkäufern nicht untersagen, auch solche Produkte anzubieten, die manche Kunden als diskussionswürdig empfinden [… wir beschränken] die Auswahl nur dann, wenn aus rechtlichen Gründen untersagt oder eindeutige Indizien vorliegen.Heike Schmitt, Executive Customer Relations Amazon.de

  2. Ich kenn mich ja mit solchen Stiftungen nicht aus, aber bei DM kann man zB. Bonuspunktesammeln (von solcher Datensammlerei kann man nun halten was man will) und um die Punkte kann man nicht nur Gutscheine o.ä. “kaufen” sondern auch zb. Wald.

    Evtl könnte eine solche Stiftung ja mit DM (oder einer anderen Firma, die an Nachhaltigkeit interessiert ist) zusammenarbeiten, ich denke da würde auch einiges zusammenkommen.

  3. Sehr richtig. Kämpfen ist gut, Träumen auch. Als Wanderer und Bergsteiger weiss ich auch, wie die Totschiesser auf den sogenannten Forststrassen auftreten. Besser auffahren. Das ist das Verhältnis von Adligen zu Knechten. Und es macht in gewisser Weise ohnmächtig. Ihr habt es ja schon erlebt.

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