22. Dezember 2024

Die Prozesstage – eine große psychische Belastung

Nach einer Pause von einigen Wochen, um die Verhandlungsprotokolle nachzuschreiben, hat der Tierschutzprozess wieder eingesetzt. Mir war nach der Pause schon gar nicht mehr bewusst, wie belastend solche Prozesstage sind. Oder erscheinen sie mir gerade wegen der Pause so anstrengend?

Jeder mitfühlende Mensch wird nachempfinden können, dass drei Mal pro Woche über Monate hinweg den ganzen Tag lang in einem Prozess zu sitzen, in dem man mit einer hohen Gefängnisstrafe substantiell bedroht wird – ganz zu schweigen vom zwingenden Privatbankrott! – sehr belastend sein muss. Nicht aber die Richterin in diesem Verfahren. Entweder es ist für sie eine ideologische Grundeinstellung, (uns) Angeklagten gegenüber kein Mitleid zu empfinden, oder sie ist einfach menschlich dazu nicht fähig. Mitleid hat sie jedenfalls keines.

Eine Beamtin der Vereinsbehörde in Innsbruck behauptete in einer Einvernahme in Innsbruck, Chris Moser habe an einem anderen Ort demonstriert als angemeldet und die Demonstrationen unter seiner Leitung hätten PassantInnen extrem belästigt. Daraufhin beantragte er, die Beamtin solle als Zeugin vor Gericht erscheinen, damit er sie dazu befragen könne, weil die Vorwürfe nicht stimmen würden. Das löste bei der Richterin einen Wutanfall aus. Wie könne er es wagen, dieser Polizistin zuzumuten, 600 km zum Gericht anzureisen. Und das schreit dieselbe Richterin, die dem Angeklagten Chris Moser dieselbe Anreise wöchentlich 3 Mal aufoktruiert, ohne mit der Wimper zu zucken! Chris Moser hat aufgrund des Psychodrucks durch die Richterin seinen diesbezüglichen Antrag wieder zurückgenommen.

Die SOKO-BeamtInnen lassen haufenweise entlastende Ermittlungsergebnisse unter den Tisch fallen und haben die UntersuchungsrichterInnen falsch informiert. Der Staatsanwalt behauptet in einer Anordnung, die Peilsenderdaten an meinem Auto hätten ergeben, dass ich Anschlagsziele abfahren würde, obwohl sich dann herausstellt, dass das gelogen war. Unser Anwalt zeigt daraufhin die SOKO und den Staatsanwalt wegen Amtsmissbrauch an. Statt Verständnis, entlockt das der Richterin nur böse Wort. Sie warf mir praktisch vor, unter neurotischer Querulanz zu leiden, dass ich so viele Anzeigen machen würde. Und die Niederlegungen durch die Staatsanwaltschaften hätten bewiesen, dass unsere Anzeigen nicht legitim gewesen seien. Für mich zeigen sie nur, dass unser Rechtsstaat nicht funktioniert.

Am 21. Mai 2008 werde ich in der Nacht von einer Horde schwarz maskierter Männer mit Helmen, gezogenen Waffen und Scheinwerfern daheim im Bett überfallen. Das Trauma ist so schwer, dass ich bis heute in Traumatherapiebehandlung bin und den Ort des Überfalls nie mehr betreten habe, obwohl ich vorher dort 43 Jahre gewohnt hatte. Die Richterin äußert sich darüber nur verächtlich. Es sei völlig normal, solche WEGA-Überfallskommandos zu schicken. Sich darüber zu beschweren beweise nur unsere Wehleidigkeit. Kein Funken von Mitgefühl zu spüren. Wie es der Richterin wohl ginge, wenn sie so etwas erleben müsste? Offenbar ist das außerhalb ihrer Vorstellungskraft.

Die Anklage ist rechtsstaatlich und demokratiepolitisch ein Skandal. Das Hauptthema im Prozess sind Meinungsäußerungen am Internet und die Vorgänge bei legalen Demonstrationen. Wenn die Verteidigung dann die SOKO-BeamtInnen im Zeugenstand eindringlich befragt, um die Substanzlosigkeit der Anklage unter Beweis zu stellen, dann flippt die Richterin aus. Wir würden nur das Verfahren verschleppen, hätten keine Ahnung wie man vernünftige Fragen stelle, wären unfähig und inkompetent. Praktisch täglich droht sie mir wegen meiner Fragen mit dem Rausschmiss aus der Verhandlung. Einem anderen Angeklagten hat sie heute erstmals verboten, weitere Fragen zu stellen.

Und wenn es dann Zeit für unsere Stellungnahmen wird, um uns zu verteidigen, dann sagt die Richterin süffisant zu mir: „Na, Herr Balluch, begeben wir uns jetzt wieder in die Opferrolle?“

Irgendwann einmal, in ferner Vergangenheit, habe ich gedacht, auch Angeklagte werden vor Gericht respektvoll behandelt. Das Landesgericht Wr. Neustadt und Frau Richterin Mag. Sonja Arleth haben mich eines Besseren belehrt. Schlimmer als von jeder Oberlehrerin in der Schule wird man täglich abgekanzelt, angeschrien („Halten Sie den Mund!“) und verächtlich gemacht. Ich frage mich wirklich, ob BeobachterInnen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder von einer internationalen Menschenrechtskommission diesem Treiben nicht ein Ende setzen würden, wären sie anwesend. Ist Österreich wirklich so ein Provinznest, dass es internationale Standards derart missachten kann? Oder erklärt sich dieses Verhalten einfach daraus, dass die Richterin ganz genau weiß, dass keine Evidenz gegen uns vorliegt, aber dass sie uns trotzdem schuldig zu sprechen hat – aus politischen Gründen?

2 Gedanken zu “Die Prozesstage – eine große psychische Belastung

  1. Ich habe schon viele Strafprozesse in Ö miterlebt. Und niemals hat ein Richter es einem Angeklagten erlaubt, an einen Belastungszeugen Fragen zu stellen (obwohl gesetzlich vorgeschrieben). Da ist die Richterin euch gegenüber eh ungewöhnlich “großzügig”.

    Ja, der Angeklagte hat in Ö sehr viele gesetzlich verankerte Rechte. Die aber in der Praxis nicht angewendet werden. Totes Recht, wie der Jurist sagt.
    Die Masse der Bevölkerung kennt Gerichtsverhandlungen nur aus dem Fernsehen (“Richterin Barbara Salesch” o. ä.). Reine Volksverdummung. Weil die Verfahren in Wirklichkeit ganz, ganz, ganz anders ablaufen.

  2. Ein absoluter Skandal! Und bitte unbedingt weiter mit protokollieren, damit später nicht behauptet werden kann das hätte nie stattgefunden!

    Wodurch könnten skrupellose Leute wie diese Richterin verstehen lernen, was sie tun? Es ist unvorstellbar, dass sie im vollen Verständnis Ihrer Ruchlosigkeit handeln. Demokratiepolitisch derart ahnungslosen Personen sollte es nicht erlaubt werden Richterposten zu bekleiden.

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