29. März 2024

Wenn Gutachten entscheiden: der Buttersäureattentäter wurde in Deutschland in eine geschlossene Anstalt eingewiesen

Die Rechtsprechung hat den Anspruch, möglichst objektiv zu sein. Vor dem Gesetz sind alle BügerInnen gleich, lehrt uns die Verfassung, und gleiche Taten werden mit gleichen Strafen sanktioniert. Wir alle wissen, dass das so nicht ganz stimmt. Menschen sind fehlbar und verschieden, die einen RichterInnen halten etwas für höchst strafwürdig, das andere wieder als Lappalie empfinden, und was nun ein Beweis für die Schuld ist und was nicht, basiert auf einer subjektiven Beweiswürdigung.

So weit so schlecht. Aber mit gerichtlichen Gutachten wurde ein weiteres subjektives Element in den Strafprozess eingeführt, das zu Missbrauch einlädt. Gutachten werden schließlich bezahlt, und zwar sehr gut. Und da will man natürlich den AuftraggeberInnen entsprechende Ergebnisse vorweisen. Und diese sind in den für das Verfahren relevanten Gutachten die StaatsanwältInnen.

Beim Tierschutzprozess wurde ein linguistischer Gutachter gegen mich in Stellung gebracht, der nachweislich den größten Unsinn behauptete, um irgendwie eine Schuld meinerseits zu konstruieren. Dabei kam er mit einer „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ zu seinen Schlussfolgerungen. Dass diese politische Intrige kollabierte, war wirklich knapp.

Als uns der Buttersäureattentäter Zoltan Alfred L. zweimal im August 2013 und nochmals im Jänner 2014 angriff, entschied ebenfalls ein Gutachten, siehe https://martinballuch.com/alle-verfahren-gegen-den-buttersaeureattentaeter-wurden-eingestellt/, er sei zwar nicht schuldfähig, hätte aber keine „erhöhte Gewaltbereitschaft“. Es gäbe keine Hinweise auf „Affektdurchbrüchigkeit oder Störungen der Impulskontrolle“. Zoltan Alfred L. ging frei. Und das nach mehr als 53 Sachbeschädigungen und 3 physischen Angriffen auf uns, später noch einmal auf die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek im Rahmen der Regenbogenparade. Opfer waren immer TierschützerInnen oder Homosexuelle, Sexshops, Tätowieranbieter und Hanfzubehörläden.

Im Juni 2014 schüttete derselbe Mann mit 90% Wasser verdünnte Buttersäure auf die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben in Frankfurt. Am 3. Februar 2015 kam es zum Prozess beim dortigen Landesgericht. Wieder spielte ein Gutachten die Hauptrolle. Diesmal besagte dieses aber, Herr Zoltan Alfred L. sei zwar nicht schuldfähig, aber eine Gefährdung der Allgemeinheit, der seine Anschläge durchaus soweit steigern könnte, dass Menschen dabei sterben. Daraufhin wurde er auf unbestimmte Zeit in eine geschlossene Anstalt eingewiesen und in Handschellen abgeführt.

Ein Gutachten so, und er ging frei, ein Gutachten ein bisschen anders, und er wird womöglich für immer eingesperrt. Eines in Deutschland und eines in Österreich. Vielleicht auch: einmal gegen Outgroups und einmal gegen eine Respektsperson? Wie sehr spielte die Einstellung der Staatsanwaltschaft dabei eine Rolle? In jedem Fall beunruhigend, so einer Justiz ausgeliefert zu sein. Da kann es sehr leicht die Falschen erwischen.

Persönlich hoffe ich sehr, Herr L. wird als Patient gesehen und bekommt eine Behandlung und Therapie. Gefängnis und Wegsperren hat noch niemanden verbessert und ungefährlich gemacht. Ich wünsche ihm, dass er bald geheilt entlassen werden kann. Meine Spiegelneuronen rotieren jedenfalls bei der Vorstellung, wie es ihm anlässlich des Urteils gehen muss. So weit weg von daheim, ohne Zukunftsperspektive.

Herr L. sah die Gesellschaft moralisch als verkommen an. Seine Aktionen richteten sich gegen den, wie er es interpretierte, Sittenverfall. Dazu gehörten politische Nacktaktionen genauso wie Sexshops und Homosexuelle wie AbtreibungsbefürworterInnen. Zunächst agierte er als christlicher Fundamentalist. 2010 trat er zum Islam über. Bemerkenswert: offenbar sehen manche unserer Mitmenschen nur noch den Islam als letzten, ungebrochenen Sittenwächter in solchen Fragen. Auch das sollte den intellektuellen Kräften dieser Religion zu denken geben. Ein Modernisierungsschub weit weg von Scharia und einfachem Schwarz-Weiß Denken wäre hier sehr hilfreich. Angesichts der Gewaltexzesse des IS ist es höchst an der Zeit.

2 Gedanken zu “Wenn Gutachten entscheiden: der Buttersäureattentäter wurde in Deutschland in eine geschlossene Anstalt eingewiesen

  1. Tracy chapman killed john lennon….
    You never know. Psyhologisch/psychiatrische Gutachten sind immer mit Vorsicht zu geniessen…wiefast jedes gutachten. Wichtig sind doch dabei die verwendeten methoden und die die haben dann auch kein prädiktion oder??? Eigentlich sollten nur Testergebnisse präsentiert werden. Möglichst neutral

  2. Das war klar faschistische Justiz/Polizei, als Tierschützer BEWUSST nicht vor diesen Attacken geschützt wurden.

    Wahnsinn was in Ö möglich ist, weil jemand das sagt.

    Wir haben so was wie einen Generalprokuar und die Weisungsbefugnis durch den Minister und kein Freedom of Information Act (der in USA natürlich auch nur dann funzt, wenn das jemand zulässt.)

    Oder man sieh auf Videos wie Jäger auf Tierschützer losgehen. Trau mich wetten, da ist gegen niemanden nicht einmal ermittelt worden.

    Aber warum. Weil das alles so tiefe Leut sind. Und wahrscheinlich ein Spiegel des Volkes.

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