25. April 2024

Die Revierjagd in Österreich: ein zentrales Problem für die Natur

In den rumänischen Karpaten gibt es 5.500 Bären, 2.500 Wölfe und 1.500 Luchse. Dabei entspricht der Fläche der Südkarpaten, d. i. die Region mit den meisten Bären, flächenmäßig etwa nur einem Viertel der österreichischen Alpen.

Die Forstwirtschaft ist ähnlich weit verbreitet und es gibt in den Karpaten auch überall Forststraßen, Almen und Dörfer, wie in Österreich. Die Karpaten sind nicht weniger zivilisiert und kultiviert als die Alpen, jedenfalls in Ostösterreich. Wieso sind die großen Wildtiere also noch so zahlreich in den Karpaten vorhanden, aber in den Alpen wiederholt völlig ausgerottet worden?

Die Antwort ist klar, der Unterschied deutlich ersichtlich. In den rumänischen Karpaten findet man nämlich keine Wildgatter, keine Fütterungen und keine Jagdstände. Es wird dort zwar gejagt, aber dafür gibt es Lizenzen, meistens für wohlhabende JägerInnen aus dem Ausland wie Österreich. So kann man sich z.B. den Abschuss eines Bären für € 4.600 kaufen, bis das Gesamtkontingent erschöpft ist. Dadurch sterben jährlich z.B. 300-400 Bären.

In Österreich ist dagegen die gesamte Natur in Jagdreviere aufgeteilt, die man um teures Geld pachten kann. Die PächterInnen haben offenbar nicht nur genügend Geld für diesen „Spaß“, sie haben auch genügend Zeit, jährlich ca. 80 Tage auf einem Hochsitz auf Tiere zu lauern, statt, wie andere Menschen, arbeiten zu gehen. Die Folge ist, dass früher oder später jeder Bär, Wolf oder Luchs einem lauernden Waidmann oder seinem weiblichen Pendant vor die Flinte läuft und erschossen wird.

Zusätzlich haben erst RevierjägerInnen das dringende Bedürfnis, die Paarhuferpopulation in ihrem Revier durch Gatter und Fütterungen aufzupäppeln und, im Gegenzug, alle freilaufenden Katzen und Hunde abzuknallen. Letzteres kommt auch so gut wie nie in den rumänischen Karpaten vor. Die RevierjägerInnen können ja umso mehr Tiere für dasselbe Geld schießen, je mehr jagdbares Wild sie in ihren Revieren anhäufen.

In Österreich versucht die Jägerschaft die Wanderer aus den Wäldern und Bergen zu drängen, es gibt zahllose Verbote und man ist einer ständigen Belästigung ausgesetzt. Die RevierjägerInnen wollen, dass viele Tiere in ihrem Revier bleiben und nicht durch Wanderer gestört werden. In Rumänien habe ich einmal eine solche Gruppe von 6 JägerInnen auf der Wolfsjagd getroffen. Ich hatte meinen Hund nicht nur nicht angeleint, er trug nicht einmal ein Halsband. Die JägerInnen scherte das überhaupt nicht. Sie waren sehr freundlich und entgegen kommend. In den Südkarpaten gibt es keine jagdlichen Sperrgebiete, man kann überall wandern, überall zelten und überall Lagerfeuer entzünden.

Offensichtlich ist also die Revierjagd in Österreich sowohl an der wiederholten Ausrottung von Bär, Wolf und Luchs schuld, als auch am gewaltsamen Tod von tausenden Hunden und zigtausend Katzen pro Jahr und an der völlig widernatürlichen Überpopulation der Paarhufer, die den Wald schädigt.

Und warum gibt es die Revierjagd? Aus Tradition. In der Kaiserzeit durfte zunächst nur der Adel jagen, im 19. Jahrhundert kamen die bürgerlichen Großindustriellen dazu, die es dem Adel gerne gleich machen wollten. Die Revolution 1848 sollte die Jagd an den Grundbesitz koppeln – doch das blieb bloß ein Gerücht. Das Land ist in Reviere eingeteilt, die nicht die Besitzgrenzen respektieren. Viele Menschen werden so gezwungen, ihren Wald gegen ihren Willen und ihre ethische Überzeugung bejagen lassen zu müssen. Immer wieder melden sich GrundbesitzerInnen beim VGT mit diesem Anliegen und bezeichnen die RevierjägerInnen als „bewaffnete Besatzungsmacht“.

Doch angesichts der politischen Macht der Jägerschaft wird das Revierjagdsystem wohl nicht hinterfragt werden. Also müssen wir weiterhin ohne Bären, Wölfe und Luchse auskommen, und unsere Haustiere vor den JägerInnen verstecken. Bis in diesem Land endlich so etwas wie Vernunft einkehrt!

6 Gedanken zu “Die Revierjagd in Österreich: ein zentrales Problem für die Natur

  1. @Admin. Zum Urteil des EGMR:

    Das heißt jeder Kläger in den 28 EU-Staaten müsste für sein Land einen gleichen Fall bis zum EGMR ausfechten obwohl doch klar wäre, wie das Urteil ausfallen wird, nachdem Luxemburg, Frankreich und Deutschland gefallen sind?!

  2. In diesem Beitrag steckt mehr falsch recherchierter Mist als die Wahrheit *kopfschüttelt* Allein die Aussage 80 Tage ansitzen, wenn andere Leute arbeiten…. Ich geh nach der Arbeit ansitzen, oder vorher. Tagsüber wird nicht gejagd. Wussten Sie nicht? Kein Wunder, bei so viel Uninformiertheit, die hier zum Ausdruck kommt.

  3. An der im Artikel eingangs aufgestellten These kann etwas nicht richtig sein. Fläche der Alpen in Österreich: etwa 52.000 Quadratkilometer. Mehr als die Hälfte der 190.000 Quadratkilomter großen Karpatenkette liegt in Rumänien. Von einer Fläche, “die einem Viertel der österreichischen Alpen entspricht” kann also überhaupt nicht die Rede sein.

  4. Hätte schon Folgen! Aber dazu müssen wir erst einen Fall ausjudizieren und bis zum EGMR bringen, Mindestzeit 5 Jahre. Kosten: sehr hoch. Momentan sind die österreichischen Gesetze, an die sich die österreichischen Gerichte halten müssen, klar. Aber ich denke wir haben einen Fall in der Pipeline.

  5. “Viele Menschen werden so gezwungen, ihren Wald gegen ihren Willen und ihre ethische Überzeugung bejagen lassen zu müssen …” aber was ist hiermit: -?

    “Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am 26.6.2012 das Urteil im Fall “Herrmann gegen die Bundesrepublik Deutschland” verkündet. In seinem Urteil der Großen Kammer (Beschwerdenummer 9300/07), das rechtskräftig ist, stellte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit einer Mehrheit der Stimmen eine Verletzung von Artikel 1 Protokoll Nr. 1 (Schutz des Eigentums) zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest.”

    Das müßte doch auch in in diesem komischen Alpenland Folgen haben. Oder gehört Österreich nicht mehr zu Europa?

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