28. März 2024

Kleider Bauer wollte Blogeintrag hier gerichtlich entfernen – Oberster Gerichtshof schützt Meinungsfreiheit!

SLAPP wird so etwas genannt, „strategic law suit against public participation“. Eine Firma bekämpft die Kritik an ihr durch einen strategisch geführten Gerichtsprozess. Der Hintergrund dabei: für die Firma sind auch bei einer gerichtlichen Entscheidung für die Gegenseite die Kosten völlig irrelevant, für eine Privatperson oder eine kleine NGO können dieselben Kosten aber im Verlustfall existenzbedrohend sein. Die Folge ist, dass auch bei irrwitzigen Klagen Privatpersonen oft sicherheitshalber klein beigeben müssen. RichterInnen entscheiden subjektiv. In Österreich ist man auf diese „subjektive Beweiswürdigung“, d.h. die Möglichkeit der RichterInnen, völlig willkürlich einen Beleg als fragwürdig abzulehnen und einen anderen überzeugend zu finden, auch noch stolz. Im Tierschutzprozess sagte die Richterin einmal zu mir, ob meine Stellungnahme meine subjektive Einschätzung sei. „Nein“, antwortete ich, „ich halte mich an objektive Fakten, Sie können dann subjektiv beweiswürdigen, dass die Erde eine Scheibe ist.“ Und deshalb ist jede Klage, auch die haltloseste, gefährlich. Selbst wenn nur 1% aller RichterInnen gegen Dich entscheiden würde, ist das ein Risiko 1:100 finanziell zugrunde zu gehen.

Die AMA hat einmal den VGT wegen einer Presseaussendung geklagt. Zwei Vorwürfe empfand die AMA als beleidigend. Die erste gerichtliche Instanz sah Vorwurf 1 als berechtigt aber Vorwurf 2 als Wertungsexzess an, bei der Berufung entschied die zweite Instanz genau umgekehrt: Vorwurf 1 war plötzlich ein Wertungsexzess und damit beleidigend, während Vorwurf 2 berechtigt sei. Jeder Prozess ist ein Hasardspiel. Und reiche Firmen spekulieren mit dieser Unsicherheit. Sie riskieren gar nichts, können aber alles gewinnen. Die entsprechenden Klagen nennt man SLAPPs, eine politische – und undemokratische – Strategie. Genaueres dazu kann man in meinem Buch nachlesen:
http://www.mediashop.at/typolight/index.php/nachrichten/items/martin-balluch—widerstand-in-der-demokratie.html

Es gibt reihenweise NGOs, die aufgrund von SLAPPs zugrunde gingen. Die Anti-Pelz Organisation Lynx in England war so ein Fall. Sie nannte eine Pelzfarm ein „hell hole“ – und ging daran finanziell bankrott. In Österreich hat die Tierrechtsorganisation Humanitas nach einer Klage eines Schlachthofs ihre Kampagnentätigkeit einstellen müssen.

Die Besitzer der Firma Kleider Bauer haben ein Verfahren gegen mich angestrengt. Sie sahen sich offenbar durch den Blogeintrag zur Replik gegen den Falter-Redakteur Florian Klenk beleidigt. Der Eintrag ist (noch immer) hier zu finden:
https://martinballuch.com/?p=53

Der gute Klenk hat ja als einziger Journalist die Besitzer von Kleider Bauer und den SOKO-Chef Zwettler interviewen dürfen. Entsprechend dieser Freunderlwirtschaft fiel auch sein Urteil über die bösen TierschützerInnen aus. Und wie eine Hand die andere wäscht, sollte jetzt offenbar meine Replik gegen Klenk durch einen Gerichtsbeschluss vom Netz genommen werden. Doch zum Glück entschieden die Gerichte anders. Die Instanz gab mir Recht, der Oberste Gerichtshof bestätigte jetzt dieses Urteil. Der Eintrag ist also noch immer da. Tut mir leid für die Herren von Kleider Bauer und ihren Günstling Klenk, bzw. tut mir eigentlich überhaupt nicht leid!  🙂

Andere waren nicht so glücklich, so hat Kleider Bauer den Blogger von diewahrheit.at dazu gezwungen, klein beizugeben:
http://diewahrheit.at/video/blogger-in-not

Naja, jetzt wendet sich das Blatt und es geht offenbar bergauf. Selbst Klenk scheint langsam den Durchblick zu bekommen. Ich hoffe, dass letztendlich alle jene, die diesen Terror gegen uns in der Tierschutzcausa ausgelöst haben, zur Verantwortung gezogen werden!

PS: Kleider Bauer wollte, dass das Gericht mich zur Zahlung von € 30.000 zwingt. Jetzt muss mir Kleider Bauer einige Tausend Euro überweisen und die Prozesskosten sowie ihren Anwalt müssen sie auch bezahlen!

5 Gedanken zu “Kleider Bauer wollte Blogeintrag hier gerichtlich entfernen – Oberster Gerichtshof schützt Meinungsfreiheit!

  1. Das ist Balsam auf den Wunden jeden Menschens mit einem intakten Gerechtigkeitsempfinden: Ein kleiner und leider doch viel zu seltener Erfolg gegen diese skrupellosen Pelzhändler und im weiteren Sinne auch gegen deren Haus- und Hof-Schmieransky im Naheverhältnis.

    Ein kleiner Lichtblick auch aus Richtung Justiz: noch ist nicht alles verloren und die Gerichtsbarkeit noch nicht gänzlich verkommen. Aber vielleicht bietet sich hier die Gelegenheit für die Justizministerin zur Abwechslung einmal ein aufmüpfiges Gericht bzw. den Obersten Gerichtshof „aufsichtsbehördlich“ prüfen zu lassen …

  2. Ja, der Kleider Bauer ist nicht zu Unrecht als “Rechtsanwaltskanzlei mit angehängtem Modehaus” bekannt. Anscheinend ist die Hauptbeschäftigung dieses Betriebs das Verklagen der sie umgebenden Welt. Die verantwortlichen Grafs haben offensichtlich zu viel Geld und wohl ernsthafte psychische Probleme. Leider ermöglicht ihnen ihr Geld (und unser korruptes System) diesen Wahnsinn auf Kosten anderer weiter zu treiben.

  3. Das wird ja immer ärger !!!
    Muss jetzt jeder damit rechnen,
    auf irgendwelche Phantasie-Summen geklagt zu werden,
    nur weil er irgend etwas sagt oder schreibt,
    was der Firma Kleider Bauer nicht passt ???
    Jetzt wissen wir also, was wir von dem Grundsatz
    zu halten haben, der da lautet :
    “Vor dem Gesetz sind alle gleich !”
    Hier wird mit zweierlei Maß gemessen,
    das wird mir von Tag zu Tag klarer.
    ————————————————————–
    Ich weiß nicht, was mich mehr ärgert :
    Die Ungerechtigkeiten und Skandale
    in der Tierschutz-Causa an sich –
    oder die Tatsache, dass dies alles außer ein paar Insidern
    niemand so richtig mitbekommt !
    Oder interessiert es gar niemanden ?
    Hey Leute !
    Die Meinungsfreiheit ist in Gefahr !!!
    Wer in der Demokratie schläft,
    wacht in der Diktatur auf !
    —————————————————-
    Wolfgang Schröter
    P.S.
    Ich bin KEIN VGT-Aktivist.
    Ich rege mich nur auf,
    weil die freie Zivilgesellschaft den Bach runtergeht !
    P.P.S.
    An die Brüder Graf :
    Ich werde mich NIEMALS in eine Kleider Bauer Filiale
    verirren und einen von euren widerlichen, schiachen Fetzen
    kaufen ! An mir verdient ihr keinen Cent !!
    Den Stinkefinger zeige ich euch !!!

  4. sorry, geht es ein bisserl konkreter? welche passage des langen textes über klenk wurde inkriminiert? nach welchem paragraphen? 1330 ABGB, 111 StGB oder was? was haben die vorinstanzen gesagt und wie begründet der OGH seinen spruch? wäre alles recht spannend zu wissen – auch für andere justizbetroffene…

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